: Schäuble als Familienrichter
Innenminister: Kein Sorgerecht für Familie im „Ehrenmord“-Prozess
NÜRNBERG rtr ■ Nach dem Prozess um den so genannten Ehrenmord an einer Deutschtürkin in Berlin hat sich Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) entschieden gegen Bestrebungen der Familie gewandt, das Sorgerecht für den kleinen Sohn der Opfers zu erhalten.
„Der Skandal dieses ‚Ehrenmordes‘ wird ja gewissermaßen noch einmal potenziert, indem jetzt noch diejenigen, die das betrieben haben, das Sorgerecht für das Kind haben wollen“, sagte Schäuble gestern in Nürnberg. Er hoffe, dass es dazu nicht komme. „Und es darf auch nicht dazu kommen“, ergänzte er.
Das Berliner Landgericht hatte am Gründonnerstag den jüngsten Bruder wegen Mordes an seiner 23-jährigen Schwester Hatun Sürücü verurteilt. Mit dem Verbrechen hatte der Bruder nach eigener Darstellung die Familienehre wiederherstellen wollen, nachdem seine Schwester nach einer Zwangsehe die Familie mit ihrem Sohn verlassen hatte. Der sechsjährige Sohn der Ermordeten ist seit einem Jahr bei Pflegeeltern untergebracht. Über das Sorgerecht entscheidet das Familiengericht. Laut Medienberichten bemüht sich die Familie Sürücü darum. Dies stieß in der Politik, aber auch bei den Kirchen auf Empörung.