NACHBARSCHAFTSDIENSTE
: Neuer Dynamo

Er war, glaube ich, Junggeselle und bei allen beliebt

Das Fahrradlicht ging gar nicht mehr. Seit zwei Wochen tat sich da überhaupt nichts. So fuhr ich zu M. Der hat einen kleinen Laden für Hobby- und Bastelbedarf. Vor ein paar Jahren hatte er sich auf Fahrräder spezialisiert.

Deshalb sind vor seinem kleinen Kellerladen viele Fahrräder aneinandergebunden. Er guckte, und weil wir uns schon so viele Jahre kennen, sagte er, „komm nachher wieder, ich mach’s dir für die Hälfte“. Und als ich nach zwei Stunden wiederkam, war ihm vielleicht eingefallen, dass ich ihm mal zwei verlassene Räder vorbeigebracht hatte, und er sagte: „Du kriegst es umsonst.“

Eine Weile standen wir so halbwegs vertraut miteinander in seiner Werkstatt. Er werkelte, ich guckte. Obwohl wir uns schon seit mehr als zehn Jahren kennen, weiß ich nicht, woher M. kommt. Ich glaube Tunesien. Wenn wir miteinander redeten, ging es meist um nachbarschaftliche Dinge, was grad so passierte. Er war, glaube ich, Junggeselle und bei allen beliebt. Manchmal kam es mir aber so vor, als wenn wir beide ein bisschen nach Alleinsein rochen.

Als er noch neu war in der Straße und wir zum ersten Mal miteinander gesprochen hatten, sagte er, sein Hobbyshop wäre nachbarschaftlich orientiert. Sein Ideal sei es eigentlich, Dienstleistungen auszutauschen. Ich hatte ihm ein Schild für seinen Laden ausgedruckt und er hatte mir eine Säge geliehen. Keine Ahnung, ob er mit dem schwulen Starfriseur in unserer Straße Haarschnitte gegen Fahrradreparaturen tauschte.

Er sagte, „ich hab den Dynamo ausgetauscht, dein Fahrrad ist nun wieder heil“. Als er mir zeigen wollte, wie schön das Fahrrad wieder leuchtet, ging es leider doch nicht. Er schenkte mir dann Batterieleuchten und baute den Dynamo wieder ab.

Wenn man mit Licht fährt, fällt einem stärker auf, wie viele Leute ohne Licht fahren. Irgendwie war das LED-Licht aber viel zu hell. Und kalt. DETLEF KUHLBRODT