: Zweijähriges Ämterverbot gegen Berlusconi verhängt
ITALIEN Senat muss noch über den Verlust des Mandats von früherem Premier entscheiden
AUS ROM MICHAEL BRAUN
Italiens Expremier Silvio Berlusconi hat am Samstag von einem Mailänder Gericht die zweite Rote Karte erhalten: Aufgrund seiner Verurteilung zu vier Jahren Haft wegen Steuerhinterziehung verliert er für zwei Jahre das passive Wahlrecht und damit seinen Sitz im Senat.
Einen Sitz, den er eigentlich sowieso nicht mehr hat. Denn seit 2012 greift in Italien ein Gesetz, das allen zu Strafen von über zwei Jahren Verurteilten für sechs Jahre die Wählbarkeit entzieht. Berlusconi ist mit dem neuesten Richterspruch gleich doppelt zum Verlust seines Mandats verurteilt – sitzt aber weiter im Senat, womöglich noch monatelang. Gegen das Urteil werden Berlusconis Anwälte noch einmal Berufung einlegen. Damit zieht sich das Verfahren weitere vier bis sechs Monate hin.
Dennoch müsste Berlusconi längst aus dem Senat raus sein. Das Gesetz von 2012 schreibt den „unmittelbaren“ Verlust des Parlamentssitzes im Falle einer Verurteilung vor, die am 1. August erfolgte. Doch erst muss der Senat beschließen. Der Immunitätsausschuss hat für den Ausschluss gestimmt, jetzt steht noch das Votum des Plenums aus. Am 29. Oktober wird der Immunitätsausschuss darüber befinden, ob die Abstimmung im Plenum offen oder geheim stattfinden soll. Frühestens im November wird dann der Senat entscheiden.
Die Berlusconi-Partei Popolo della Libertà PdL – Volk der Freiheit) spielt auf Zeit. Berlusconi ist vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gezogen, und die PdL will erreichen, dass der Senat diesen Beschluss abwartet. Darauf werden sich die anderen Fraktionen kaum einlassen. Doch die Hinhaltetaktik kann bewirken, dass eine Senatsabstimmung über Berlusconi nicht vor Anfang 2014 erfolgt.
Montis Abtrünnige
Derweil sucht die Berlusconi-Rechte einige Zentrums-Parlamentarier aus dem Lager des früheren Premiers Mario Monti zu sich herüberzuziehen. Zwölf der Monti-Senatoren werden in dieser Woche eine neue Fraktion konstituieren. Ihr werden Neigungen nachgesagt, gegen Berlusconis Ausschluss aus dem Parlament zu votieren. Damit wäre es möglich, dass die Umsetzung des „automatischen“ Ausschlusses aus dem Senat am Senat scheitert – und Berlusconi sein Mandat behält. In diesem Falle wäre eine Regierungskrise kaum zu vermeiden. Die gemäßigt linke Partito Democratico des Regierungschefs Enrico Letta wäre gezwungen, die Koalition mit der Rechten aufzukündigen.