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Archiv-Artikel

Deutscher Dreck gehört den Deutschen

Deutsch-tschechische Umweltkommission verurteilt illegale Mülltransporte. Ein Teil der Abfälle wird nun zurückgeholt

DRESDEN taz ■ Erstmals wird illegal nach Tschechien ausgeführter deutscher Müll zurückgeholt. Bis Mitte Mai sollen 750 Tonnen von einer Halde im nordböhmischen Libčeves nach Sachsen-Anhalt zurückgebracht werden. Darauf haben sich die stellvertretende tschechische Umweltministerin Ivana Jirásková und Sachsen-Anhalts Umweltministerin Petra Wernicke (CDU) geeinigt. Die in Prag tagende deutsch-tschechische Umweltkommission verurteilte gestern den illegalen Müllexport, der für deutsche Firmen nach der seit dem 1. Juni 2005 geltenden Behandlungspflicht besonders attraktiv geworden ist.

„Dieser Umgang mit der Umwelt ist ein Verbrechen, das entsprechend bestraft werden muss“, sagt Staatssekretär Michael Müller aus dem Bundesumweltministerium. Die Sonderabfallagentur Baden-Württemberg SAA, die bei so genannten vagabundierende Abfällen aus dem Bundesgebiet stets eingeschaltet wird, schätzt die Gesamtmenge deutschen Mülls in Tschechien auf 15.–20.000 Tonnen. „Besonders heikel ist Müll, der nach EU-Recht nicht notifizierungspflichtig ist“, sagte Geschäftsführer Hermann Reinhardt der taz. Die illegale Halde in Libčeves hatte Anfang des Jahres eine Großoffensive der tschechischen Regierung gegen deutsche Müllimporte ausgelöst. Inzwischen hat es dort aus ungeklärter Ursache mehrfach gebrannt. Tschechische Behörden vermuten Brandstiftung, um die Herkunft des Mülls zu verschleiern.

Die tschechische Initiative ist nach Auffassung deutscher Experten auch im Zusammenhang mit den bevorstehenden Wahlen im Nachbarland zu sehen. Sie gipfelte am 18. April in einem Ultimatum an die Umweltministerien des Bundes und des Landes Sachsen-Anhalt, binnen 24 Stunden einen Plan zur Abfuhr des Mülls aus Libčeves vorzulegen. Die Landesregierung in Magdeburg hatte dieses Ansinnen zunächst abgelehnt. Die Herkunft des Mülls sei nicht erwiesen. Inzwischen räumte das Umweltministerium aber ein, dass 88 Lkw-Ladungen aus Halle stammten. Die Brandrückstände werden nun abtransportiert. Die Finanzierung übernimmt zunächst das Land Sachsen-Anhalt. Ministerin Wernicke kündigte aber an, die Kosten der Firma Dux in Rechnung zu stellen.

Aber auch die tschechische Seite übernimmt Kosten für die Sicherungsmaßnahmen an der Deponie. Prag hatte den Gesamtaufwand für die Müllbeseitigung ursprünglich auf 670.000 Euro geschätzt. SAA-Geschäftsführer Reinhardt sieht auch die tschechischen Behörden in der Pflicht, die dubiosen Partner der deutschen Firmen aufzuklären. Hier greift Prag inzwischen deutlich härter durch. Eine tschechische Firma muss ein Bußgeld von 350.000 Euro zahlen. Ein 53-jähriger Mittelsmann aus Sachsen-Anhalt wurde verhaftet. MICHAEL BARTSCH