: Keilerei unterm Korb
Nach einer Massenschlägerei gewinnen die Baskets Bonn das zweite Playoff-Spiel gegen vier Bamberger mit 75:64
BONN taz ■ Provokationen, Prügeleien, ein Protest und ein Playoff-Spiel, das in die Geschichte eingehen wird: Am Donnerstagabend herrschte in der Bonner Hardtberghalle beim zweiten Viertelfinalspiel um die deutsche Basketballmeisterschaft zwischen den Telekom Baskets Bonn und dem amtierenden Meister GHP Bamberg Ausnahmezustand. „Es war kein schöner Abend für den Basketball“, sagte Baskets-Coach Michael Koch. Sein Gegenüber Dirk Bauermann ergänzte: „So etwas will niemand sehen, aber wir sind auch nur Menschen.“
Zwei Minuten und 13 Sekunden waren im zweiten Viertel gespielt, als ein bis dato zwar hart umkämpftes, aber normal geführtes Match in eine Massenschlägerei ausartete. Gerade mal vier Bamberger und fünf Bonner Akteure durften nach einer zwanzigminütigen Pause die Partie zu Ende spielen. Es folgte dann das wohl ungewöhnlichste Playoff-Duell, das jemals im deutschen Basketball auf dieser Ebene ausgetragen wurde. Normalerweise stehen je fünf Spieler auf dem Feld und die Coaches haben genügend Möglichkeiten, einen verletzten oder disqualifizierten Akteur zu ersetzen. Doch auf der Ersatzbank gab es keine Spieler mehr, die hätten spielen dürfen. Sie waren von den Schiedsrichtern allesamt in die Kabine geschickt worden.
Wie war es dazu gekommen? Bei einem Spielzug im zweiten Viertel war Bambergs Uvis Helmanis unter dem gegnerischen Korb seinem Gegenspieler, dem Bonner Kapitän Michael Meeks, mit voller Wucht in den Rücken gesprungen. Das unglücklich agierende Schiedsrichtergespann ahndete diese Situation nicht. Einen Augenblick später waren die Bonner am Zug. Baskets-Spielmacher Andrew Wisniewski trieb den Ball nach vorn, Meeks kam erneut in die Nähe des 2,02 Meter großen Kraftpakets Helmanis und griff diesem mit flinker Hand in die Weichteile. Sofort sprang Bambergs Steffen Hamann hinzu, wollte Meeks attackieren. Die Situation eskalierte – Sekunden später flogen die Fäuste. Spieler beider Teams strömten auf das Feld, ein kollektiver Ringkampf brach los. Die Schiedsrichter sprangen mutig zwischen die Streithähne, Ordner eilten herbei. Als der am Boden liegende Hamann von einem Mitspieler weggezogen wurde, wollte der 24-jährige Deutsche – er blutete an der rechten Hand – erneut auf Meeks losgehen. Endlich bekamen die Schiedsrichter die Lage wieder unter Kontrolle. Doch der Hexenkessel Hardtberghalle brodelte weiter, Gegenstände flogen auf das Spielfeld. Nach 20-minütiger Pause verkündete Hallensprecher Andreas Böttcher die Entscheidung der Referees: „Im Spiel bleiben auf Seiten der Bamberger die Nummer 4, 12, 31 und 33. Bei den Baskets bleiben die Nummern 5, 6, 7, 9 und 11 im Spiel. Die restlichen Spieler der Mannschaften sind disqualifiziert.“ Für den Technischen Kommissar an diesem Abend, Alfred Drost, war das Urteil eine klare Sache: „Zwei Spieler jeder Mannschaft sind wegen Tätlichkeiten ausgeschlossen worden. Die restlichen Spieler, die auf das Feld gelaufen sind, müssen laut den Regeln ebenfalls disqualifiziert werden.“
Kurios dabei: Mit Chris Ensminger, Robert Garrett, Tim Begley und Nelson Spencer waren auf Bamberger Seite vier starke Akteure übrig geblieben. Bei Bonn spielten mit Aljaz Janza, Ivan Tomeljak, Milos Paravinja, Artur Kolodziejski und John Stark reine Ergänzungsspieler. Die Oberfranken hatten in Unterzahl tatsächlich bis ins letzte Viertel hinein die Chance, die Partie zu gewinnen, bevor Bonn dann mit guten Würfen aus der Distanz die Wende schaffte und mit 75:64 gewann. Die Serie „Best of five“ ist nun nach je einem Sieg ausgeglichen.
Sekunden vor Schluss flog noch Bonns Center Milos Paravinja nach einem Rempler gegen Ensminger vom Platz. Auch Bambergs Coach Bauermann wurde nach einer verbalen Attacke gegen die Schiedsrichter vorzeitig in die Kabine geschickt. Wer nun am Sonntag im dritten Spiel in Bamberg auflaufen darf, beschäftigte schon Minuten nach dem Spiel die Liga-Verantwortlichen. Interessiert wurden die Filmaufnahmen der ARD auf dem kleinen Display des Kameramanns hin und her gespult. Wie am Freitag zu hören war, drohen wohl fünf Spielern Sperren. Auf Bonner Seite sind das womöglich Wisnieski, Meeks und Paravinja. Bei den Bambergern müssen Hamann und Helmanis bangen. Geklärt werden muss auch noch, ob das Spiel gewertet wird. Bamberg hat nämlich Protest eingelegt. „Mit Sicherheit wird dieses Erlebnis unsere Spieler noch mehr zusammenschweißen und uns besondere Energie geben“, glaubt Bambergs Trainer Dirk Bauermann.
BERND JOISTEN