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portraitNeue Frontfrau der Rechtspopulisten

Ihre diesjährige Rede zum 1. Mai war fast tomatenfrei. Obwohl Siv Jensen in Odda, einer Hochburg der Arbeiterbewegung, sprach, flog nur vereinzelt weiches Obst. Früher war das anders, da flogen auch mal faule Eier. Doch Norwegens rechtspopulistische Fortschrittspartei ist nicht nur salonfähig geworden, sondern nun zum wiederholten Mal bei Meinungsumfragen mit 30 Prozent stärkste aller Parteien. Am Wochenende wurde Siv Jensen zur Parteivorsitzenden gewählt. Nach den 231 der 232 Delegiertenstimmen flossen – wie oft bei ihr – reichlich Tränen.

Carl I. Hagen, der nach 28 Jahren an der Parteispitze abtrat, hatte Jensen, die am 1. Juni 37 Jahre alt wird, lange als Nachfolgerin aufgebaut. Mit ihr könnte der Außenseiterpartei gelingen, was ihr Vorgänger nie schaffte: Regierungsverantwortung zu übernehmen. Denn die neue Frontfrau machte in ihrer Antrittsrede sofort klar, dass sie sich als Ministerpräsidentenkandidatin einer Mitte-rechts Koalition bei den Wahlen 2009 sieht. Und Demoskopen trauen ihr durchaus zu, das schaffen zu können.

Schreckte Hagen, ein impulsiver Politiker, der sich oft in der Rhetorik vergriff und in manches Fettnäpfchen tappte, damit viele WählerInnen ab, dürfte die gelernte Betriebswirtin mit ihrem systematisch planenden Wesen solche Fehltritte vermeiden. Doch auch die Partei hat ihre Kinderkrankheiten hinter sich. Nach wie vor Law-and-Order-Partei am rechten Rand und mit deutlich einwandererkritischem Profil, wird aber weitgehend auf rassistische Polemik verzichtet, wie sie zum Beispiel die dänische Schwesterpartei prägt.

„Ja, natürlich. Sind Sie ledig?“, entgegnete die Alleinstehende kürzlich einem spanischen Journalisten, der sie fragte, ob sie sich auch die Heirat mit einem Ausländer vorstellen könne. Bisher sei ihr „der Richtige noch nicht begegnet“. Mit 18 Jahren wurde sie Parteimitglied. Ihre politische Karriere begann Mitte der 90er mit der Wahl in den Osloer Stadtrat, das Parlament und die Führungsgremien der Partei. Weniger Steuern, mehr Ölgelder für soziale Aufgaben, Streichen bei der Entwicklungshilfe und eine stramme Einwanderungspolitik sind auch für sie unverzichtbare Eckpunkte: „Die Interessen der Norweger sollen im Vordergrund stehen. Aber wir haben auch eine Verantwortung für andere Menschen in Not.“

Nicht nur das sind andere Töne als bei ihrem Vorgänger. Sie will der Fortschrittspartei auch das bislang fehlende außenpolitische Bein geben. Ihre Haltung zur EU beschreibt sie als „schizophren“: Im Gegensatz zur Parteilinie habe sie bei der Volksabstimmung 1994 Ja gestimmt und sehe durchaus auch Vorteile in einer Mitgliedschaft. REINHARD WOLFF

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