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Archiv-Artikel

„Die Ausländerbehörde ist eine harte Nuss“

MIGRATION 30 Jahre Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migranten (KuB) in Kreuzberg

Johanna Karpenstein

■ ist seit 2005 Flüchtlingsberaterin bei der KuB. Mehr Infos unter www.kub-berlin.org.

taz: Frau Karpenstein, die KuB hat am Mittwoch ihren 30. Geburtstag gefeiert. Nun gibt es in der Stadt viele Organisationen, die Flüchtlinge beraten. Was ist das Besondere an Ihnen?

Johanne Karpenstein: Wir sind für alle da – auch für jene, die immer schwieriger Zugang bekommen zu Beratungsangeboten, weil ihr Aufenthaltstitel nicht gesichert ist. Zu uns können alle kommen, auch Papierlose. Und wir kümmern uns um alles, kein Anliegen wird abgewiesen. So etwas gibt es immer weniger.

Warum?

Das Problem ist die Projektförderung. Damit sind immer Maßgaben verbunden – und heute geht es meist in Richtung Integrationspolitik. Die Papierlosen, Geduldeten fallen da untern Tisch, sie sollen ja gar nicht integriert werden.

Wie hat sich Ihre Klientel in den letzten Jahren verändert?

Im Moment ist auf jeden Fall Syrien eine große Nummer. Und Nichteuropäer, die im Zuge der Krise in südeuropäischen Staaten hierherkommen. Wir haben zurzeit sehr viele AfrikanerInnen, die etwa in Spanien gelebt haben, mit und ohne Aufenthaltstitel, und dort als Erstes durchs Rost gefallen sind bei der sich ausbreitenden Arbeitslosigkeit. Die Misere ist, dass sie hier kein Anrecht haben auf Unterstützung durch die Sozialsysteme. Das betrifft übrigens auch viele Leute vom Camp am Oranienplatz und aus der besetzten Schule in Kreuzberg.

Gerade wird viel diskutiert über die Wohnsituation von Flüchtlingen. Ist das Thema in Ihren Beratungen?

Jede vierte Beratung, schätze ich, geht um die Unterbringung. Der Bedarf ist unglaublich hoch. Vor allem bei den eben genannten Leuten, die nicht ins deutsche Sozialsystem passen. Und selbst für Leute, die ein Anrecht hätten auf eine Wohnung, ist es fast unmöglich, eine zu bekommen.

Beratungsstellen für Roma sagen, ihre Klienten klagen zunehmend über Alltagsrassismus. Was hören Sie dazu?

Unsere Klienten berichten regelmäßig von kleinen Schikanen, am Arbeitsplatz oder bei Behörden. Gerade die Ausländerbehörde ist eine harte Nuss. Vor Kurzem etwa hat mir eine Sachbearbeiterin dort erzählt: Die Leute, die vor Lampedusa sterben, sind selber schuld.

INTERVIEW: S. MEMARNIA

Das ganze Gespräch unter www.taz.de/berlin