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Archiv-Artikel

Entspannen auf Kasse

STRESS Viele Menschen können sich nicht entspannen und werden krank. Techniken zur Entspannung können helfen, und oft zahlt die Krankenkasse

VON NIELS HOLSTEN

Stress! Gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit, Stress auf der Arbeit und Stress in der Freizeit. Viele Menschen stehen unter Daueralarm und haben verlernt sich zwischendurch mal zu entspannen.

Das hat Folgen: Rückenschmerzen, Herz-Kreislauf-Krankheiten und psychische Erkrankungen sind in diesem Zusammenhang die häufigsten Krankheiten. Dabei ist der menschliche Organismus an sich intelligent. Gibt es nämlich Stress, steigen Blutdruck und Herzfrequenz, und die Muskeln spannen sich an. Wir werden wacher und aufmerksamer, und können die Herausforderung besser bewältigen. Zum Ausgleich werden andere Körperfunktionen heruntergefahren – beispielsweise die Nieren- und Darmfunktion. Aber auch Immunsystem und Sexualfunktion laufen auf Sparflamme.

Alles kein Problem, wenn auf den Stress die Entspannung folgt und sich der Körper wieder entspannen kann. Passiert dies nicht, werden die chronisch überbelasteten Organe krank und die chronisch unterbelasteten schwach. Aber wie kann man wieder lernen, sich zu entspannen, wenn der Spaziergang oder das warme Bad nicht mehr genügen?

Systematische Entspannungstechniken können hier helfen. Der Markt ist voll mit wohlklingenden Techniken und Anbietern.Welche Methode für wen geeignet ist, ist schwer zu sagen. Da hängt es sehr vom individuellen Empfinden ab; man muss es ausprobieren. Die fünf gängigsten Entspannungstechniken in unseren Breiten werden im Folgenden kurz vorgestellt:

Autogenes Training

Technik: Eine Art Selbsthypnose. Mit suggestiven Formeln wie: „mein rechter Arm wird ganz schwer“ oder „mein linker Fuß wird warm“ geht man nacheinander verschiedene Körperregionen durch.

Position: Im Sitzen oder Liegen mit geschlossenen Augen.

Wirkung: Durch die körperliche Entspannung löst sich auch die psychische Anspannung.

Achtung: Menschen mit schweren Depressionen oder starken Angstzuständen wird von dieser Methode abgeraten. Durch die tiefe Selbstversenkung können sich die Probleme verschlimmern. Bei Herzrhythmusstörungen kann es zur Beschleunigung des Pulses und zu Angstzuständen kommen.

Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen

Technik: Geht von einer Wechselwirkung zwischen mentalen Prozessen und muskulären Veränderungen aus. Nacheinander werden wichtige Muskelgruppen verschiedener Körperpartien angespannt, gehalten und wieder entspannt.

Position: Sitzen oder Liegen mit geschlossenen Augen.

Wirkung: Als Folge des muskulären Entspannungseffekts soll sich auch ein Gefühl von Ausgeglichenheit und Ruhe einstellen. Muskeln und Haut sollen besser durchblutet, Blutdruck, Atem- und Herzfrequenz gesenkt werden.

Hatha Yoga

Technik: Durch Dehn-, Streck- und Lockerungsübungen, dem Wechsel von körperlicher Anspannung und Entspannung und Atemübungen soll eine Entspannung herbeigeführt werden.

Position: Sitzen, Liegen und Stehen.

Wirkung: Soll die Beweglichkeit verbessern, Rückenschmerzen lindern, das Gleichgewicht trainieren, Stresshormone verringern und den Körper mit mehr Sauerstoff versorgen.

Tai Chi

Technik: Durch zeitlupenartige Bewegungen und konzentrierte Atmung soll das Chi, die Lebensenergie, wieder zum Fließen gebracht werden. Auf jedes Heben eines Armes oder Beines folgt ein Senken. Auf jede Linksdrehung eine Rechtsdrehung.

Position: Stehen.

Wirkung: Soll Muskelverspannungen lösen und den Kreislauf stärken, Muskeln und Gelenke trainieren und das vegetative Nervensystem stabilisieren.

Achtung: Für Menschen mit Knie- oder Hüftproblemen kann das Stehen mit gebeugten Knien und langen Gewichtsverlagerungen zu belastend sein.

Qigong

Technik: Durch Konzentration auf die Atmung, bestimmte Organe oder Körperbereiche und langsamen, zielgerichteten Bewegungen soll das Qi, die Lebensenergie, gespürt und zum Strömen gebracht werden.

Position: Sitzen, Liegen oder Stehen.

Wirkung: Soll ebenfalls bestehende Blockaden lösen und das vegetative Nervensystem stärken.

Grundsätzlich lohnt sich vor der Wahl des Anbieters der Kontakt zur Krankenkasse. Sie ist nämlich gesetzlich verpflichtet, vorbeugend etwas für ihre Mitglieder zu tun und bezahlt manche Kurse zu 80 Prozent, manche vollständig. Im Gegenzug stellt sie hohe Anforderungen an die Ausbildung des Kursleiters und also die Qualität des Kurses. Übrigens: Am besten entspannt Fachleuten zufolge der tiefe Schlaf. Wenn man ihn findet.