: Die Freiheit zu denken
Zum Tod des marrokanischen Philosophen und Gesellschaftstheoretikers Mohammed Abed Al-Jabri am 3. Mai 2010 findet heute im Haus der Kulturen der Welt eine Diskussion statt. Unter der Fragestellung: „Arabischer Weltgeist im Aufbruch?“ debattieren Wissenschaftler, Philosophen und Autoren mit Bezug zu Al-Jabri, der als Wegbereiter der arabischen Aufklärung gilt und sich mit seiner „Kritik der arabischen Vernuft“ in der Tradition Kants sah. Der 1936 geborene Philosoph machte unkritische Haltungen in der arabischen Welt verantwortlich für deren Stagnation. Deshalb forderte er jeden Einzelnen auf: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“ Er regte seine Leser an, das Recht in Anspruch zu nehmen, sich die Welt aufgrund persönlicher Beobachtungen zu erschließen und nicht aufgrund bloßer Nachahmung überlieferter und überkommener Denkweisen und Autoritäten. Letztere wollte er kritisch hinterfragt und die Herrscher kontrolliert wissen, und er forderte zum Denken in Widersprüchen auf. Dabei griff er zurück auf Denker aus der früheren islamischen Ideengeschichte wie Ibn Rushd (1126-1198), der Religion und kritische Vernunft getrennt sehen wollte. Al-Jabris Werke sorgen, wie die marrokanische Soziologin Fatema Mernissi sagt, für hitzige Debatten unter Millionen Jugendlichen, die auf der Suche sind nach einem Weg, Modernität, das Streben nach Demokratie und ihr eigenes kulturelles Erbe in Einklang zu bringen. Doch in Deutschland und allgemein im Westen sind sie bislang weniger bekannt. Was sehr bedauerlich ist. Denn Denker wie Al Jabri können dazu verhelfen, das einseitige Bild von der als durchweg unkritisch und unaufgeklärt angesehenen arabischen Welt zu relativieren. Seit 1995 macht es sich der Perlen-Verlag zur Aufgabe, die Werke Al-Jabris ins Deutsche zu übersetzen. Dessen Verleger Reginald Grünenberg sitzt heute Abend im Haus der Kulturen der Welt dann auch in der Runde, zusammen mit Sonja Hegasy vom Zentrum Moderner Orient, Nabil Bushnaq vom Ibn Rushd Fund, dem Islamwissenschaftler Stefan Weidner und Vincent von Wroblewsky, der Übersetzer der „Kritik der arabischen Vernunft“, um das Werk von Mohammed Abed Al-Jabri zu präsentieren und über die Chancen einer arabischen Aufklärung zu diskutieren. HG
■ Haus der Kulturen der Welt, John-Foster-Dulles-Allee 10. Mittwoch, 19.30 Uhr. Eintritt frei
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