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Archiv-Artikel

Schäuble: Es ging um Merkel und nicht um Gauck

ABWEICHLER Bundespräsidentenwahl drückte allgemeines Unbehagen in der Koalition aus

BERLIN apn | Mehr Geschlossenheit, weniger Fouls und ein Kapitän, der endlich sagt, wo es langgeht, lautet die Forderung, die nach der Zitterpartie bei der Wahl des Bundespräsidenten immer lauter wird. Finanzminister Wolfgang Schäuble äußerte sich dazu am Sonntag im Tagesspiegel.

Schäuble bestritt, dass die Abweichler bei der Wahl von Christian Wulff einen Putsch geplant hätten. Als der frühere SPD-Chef Franz Müntefering nach dem ersten Wahlgang einen solchen Verdacht geäußert habe, habe Schäuble geantwortet: „Wäre das organisiert gewesen, hätte das jemand merken müssen.“ Stattdessen habe es sich offenbar um viele Einzelne gehandelt, die Wulff ihre Stimme verweigert hätten.

Die Gründe dafür sind laut Schäuble vielschichtig. So reflektiere das Wahlergebnis „die Volatilität von Stimmungen“, aber auch das allgemeine Unbehagen in der Koalition. „Wir haben es ja wirklich geschafft, dass wir exzellente Ergebnisse vorweisen können und niemand es merkt.“ In dieser schwierigen Phase sei die Wahl schnell zur Entscheidung über die Zukunftsfähigkeit der Koalition erklärt worden, sagte Schäuble. „Es ging vielen nicht um Joachim Gauck, den wir alle schätzen, oder um Christian Wulff, sondern um Angela Merkel.“

Damit ist Schäuble der Erste, der offen ausspricht, was viele in der Koalition denken. Merkel ist angezählt. Gerade Unionspolitiker werfen der Kanzlerin vor, in der Bundesversammlung nicht den richtigen Ton getroffen zu haben.

Es war der scheidende hessische Ministerpräsident Roland Koch, der vor dem entscheidenden dritten Wahlgang das Herz der Unions-Delegierten mit einer leidenschaftlichen Rede berührte und dafür mit tosendem Beifall gefeiert wurde.