: Die neuen Boomtowns liegen im Osten
Dresden und Magdeburg entwickeln sich am positivsten. Größte Fortschritte im Städte-Ranking. Wegen der hohen Arbeitslosigkeit verzeichnet Magdeburg außergewöhnlich viele Betriebsgründungen. Nummer 1 nach wie vor München
VON DANIEL BÖHM
Dresden und Magdeburg sind die Aufsteigerstädte des Jahres. Das geht aus einer Rangliste hervor, die die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) gemeinsam mit der Zeitschrift Wirtschaftswoche erstellt hat. Dabei wurden 50 deutsche Städte nach 117 wirtschaftlichen und strukturellen Indikatoren untersucht und verglichen.
Mit den Städterankings ist ist es wie mit der Fußball-Bundesliga: München steht jedes Mal unangefochten an der Spitze, der Rest folgt mit großem Abstand. Darum richtet sich die Aufmerksamkeit stets auf die Aufsteiger des Jahres. Und die kommen diesmal aus Ostdeutschland.
Dresden und Magdeburg haben einen großen Sprung nach vorne gemacht. Dresden hat sich von Rang 30 auf Platz 10 hochgearbeitet, Magdeburg verbesserte sich von 45 auf 31. Damit liegt die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt nun vor den westdeutschen Kommunen Dortmund, Aachen und Bielefeld und auch vor der Bundeshauptstadt Berlin, die auf dem drittletzten Rang landete – in der Bundesliga entspricht dies einem Abstiegsplatz. „Wenn eine Stadt mehr als zehn Ränge gutmacht, dann haben wirkliche Veränderungen stattgefunden“, sagt Dieter Ruth von der wirtschaftsliberalen INSM. Allerdings, gibt er zu bedenken, seien die ostdeutschen Städte von einem relativ tiefen Niveau aus gestartet. „Der Abstand zum Westen besteht nach wie vor.“
Vor allem Magdeburgs Platzierung erstaunt. Während Dresden dank Frauenkirche und Computerindustrie derzeit sowieso im Trend liegt, gilt Magdeburg nicht gerade als Beispiel für eine Boomtown. Aber mit einer Investitionsquote von durchschnittlich 12,1 Prozent in den letzten Jahren liegt die Stadt bundesweit auf Rang 7. Wie lässt sich der Erfolg erklären? „Unter anderem liegt das sicher daran, dass sich der Mittelstand konsolidiert hat“, sagt Jörg Böttcher vom Wirtschaftsdezernat Magdeburg. „Zudem wachsen moderne Branchen wie Callcenter oder die Biodieselproduktion.“ Traditionelle Bereichen wie der Maschinenbau hätten sich nach einer schwierigen Periode ebenfalls wieder gefangen.
In dem Städte-Ranking gibt Magdeburg ein verhältnismäßig dynamisches Bild ab. Die Gemeinde verzeichnet einen hohen Zuwachs an neuen Gewerbebetrieben und nimmt in diesem Bereich mit einem Plus von 5,6 Neuanmeldungen pro tausend Einwohner die Spitzenposition ein. Selbst München kann da nicht mithalten. „Wir hatten im letzten Jahr kaum Großinvestitionen“, sagt Böttcher. „Dafür entstanden eine Vielzahl kleiner und mittlerer Betriebe.“
Allerdings seien viele der Neugründungen auf die prekäre Situation auf dem Arbeitsmarkt zurückzuführen. Mit einer Arbeitslosenquote von 21,3 Prozent belegt Magdeburg gerade mal Platz 44 im Städteranking. „Aus diesem Grund haben sich viele Leute selbstständig gemacht“, erklärt Bötticher. Die Stadt versucht, diese Kleinstunternehmer zu unterstützen, und betreibt unter anderem ein Gründerzentrum für Handwerker. Dessen Leiter, Andreas Baekler, hat in erster Linie mit lauter Ich-AGs zu tun, die versuchen von der gelockerten Handwerksordnung zu profitieren und ohne Meisterbrief tätig werden. „Betriebe wie Fliesenleger oder Gartenpfleger sind typische Beispiele“, sagt er. Trotzdem ist man in Magdeburg zufrieden. „Die Stadt wird positiver aufgenommen und das Interesse nimmt seit zwölf Monaten stetig zu“, sagt Böttcher. Das liegt vielleicht auch an der Handball-Weltmeisterschaft, die dort nächstes Jahr stattfindet. Ähnlich wie Leipzig von der Fußball-WM erhofft sich Stadt eine positive Auswirkung für das Image.
Im Städteranking hat Magdeburg Leipzig (Platz 47) aber bereits abgehängt.