: Der Borderline-Boss
NACHRUF Mit George Steinbrenner stirbt nicht nur der Besitzer der New York Yankees, sondern geht die wohl schillerndste Figur des US-amerikanischen Sports
Er wurde 80 Jahre alt. Oder: 37 Jahre New York Yankees. 21 gefeuerte Cheftrainer, ein Dutzend entlassene Manager und ungezählte cholerische Anfälle. Sieben World-Series-Titel.
George Michael Steinbrenner III. starb am Dienstag an einem Herzschlag. Ein Treppenwitz der Sportgeschichte, war eines der berühmtesten von Steinbrenners vielen berühmten Zitaten doch: „Ich bekomme keine Herzattacken. Ich sorge dafür, dass andere welche bekommen.“
2006 hatte Steinbrenner aus gesundheitlichen Gründen die Leitung des erfolgreichsten und berühmtesten Baseballklubs der Welt bereits seinen Söhnen Hank und Hal übergeben und sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen müssen. Bis dahin allerdings war er die schillerndste Figur im US-amerikanischen Sportgeschäft. 1973 kaufte er die damals heruntergewirtschafteten Yankees für 10 Millionen Dollar. Dann formte er die Yankees zu einer weltweit bekannten Marke, sammelte so manisch Titel, wie er Trainer feuerte, erfand neue Vermarktungsmethoden und erpresste die Stadt New York, bis sie ihm ein neues Stadion baute. Heute haben die Yankees einen eigenen TV-Sender, und der Wert des Klubs wird von Forbes auf 1,6 Milliarden geschätzt.
Aber Steinbrenner war nicht nur genialer Geschäftsmann. Legendär wurde „The Boss“, wie er sich nennen ließ, durch eine Persönlichkeit mit Borderline-Strukturen. Er feuerte Angestellte, um sie Minuten später zu besseren Bezügen wieder einzustellen. Er verpflichtete Spieler für unanständige Summen und beschimpfte sie dann öffentlich, wenn sie nicht die Leistung brachten, die er erwartete. Heimlich gab er Millionen für wohltätige Zwecke, wurde aber auch 14-mal angeklagt wegen undurchsichtiger Zahlungen an Richard Nixons Wahlkampagne.
Die Wutausbrüche und die Exzentrik beförderten ihn zu einer Art Popstar, der in TV-Serien wie „The Simpsons“ auftauchte oder in „Seinfeld“ sogar Dauergast war. Seine Qualitäten als unfreiwilliger Komiker verwertete der Milliardär dann geschickt in Werbekampagnen.
Über allem stand aber immer nur eins: der sportliche Erfolg. Gewinnen, sagte Steinbrenner einmal, sei für ihn fast genauso wichtig wie Atmen. Mit dem Atmen hat George Steinbrenner nun aufgehört. Die Yankees aber werden auch ohne ihn weiter gewinnen. THOMAS WINKLER