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Archiv-Artikel

Teurer Vergleich

JUSTIZ 775 Millionen Euro zahlt die Deutsche Bank an Leo Kirchs Erben. US-Anleger könnten aber klagen

HAMBURG taz | Die Deutsche Bank beendet einen zwölf Jahre dauernden Streit mit den Erben des Medienunternehmers Leo Kirch, der international in der Branche große Beachtung gefunden hatte. Wie das Kreditinstitut am Donnerstag in Frankfurt mitteilte, habe man sich auf einen Vergleich geeinigt. Demnach muss die Bank den Kirch-Erben 775 Millionen Euro plus Zinsen und weitere Kosten zahlen. Die Kirch-Seite hatte ursprünglich 2 Milliarden Euro verlangt. Der Gewinn der Bank wird durch den Vergleich um weitere rund 350 Millionen Euro geschmälert, da die bislang getroffene Risikovorsorge von mehreren hundert Millionen nicht ausreicht. Der Vergleich sei „im besten Interesse“ der Anteilseigner, sagte Deutsche-Bank-Boss Jürgen Fitschen.

Der 2011 verstorbene Leo Kirch hatte die Bank und ihren damaligen Boss Rolf Breuer zeitlebens für den Zusammenbruch seines Konzerns verantwortlich gemacht. Kirch besaß ein Imperium aus Spielfilmrechten und Beteiligungen unter anderem am Springer-Verlag und dem Fernsehsender Sat1. Breuer hatte in einem Fernsehinterview in den USA Anfang 2002 die Kreditwürdigkeit Kirchs in Zweifel gezogen. „Was man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder sogar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen“, hatte Breuer gesagt. Kurz darauf war die Kirch-Gruppe pleitegegangen.

Die Bank folgt jetzt einem Vorschlag des Oberlandesgerichts München. Ob damit der Fall Kirch erledigt ist, bezweifeln Beobachter. Aktionäre könnten gegen nun den Vorstand klagen, weil der Vergleich geschäftsschädigend sei – ein möglicherweise entlastendes Urteil des Bundesgerichtshofs stand kurz bevor.

In den Vereinigten Staaten drohen Schadenersatzklagen von früheren Kirch-Kunden und -Anlegern, die auf die Deutsche-Bank-Aktie gesetzt hatten. Sie hatte durch den Prozessmarathon an Wert verloren. Auch die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt weiter, ob sie gegen Breuer und andere Exvorstände des Bankhauses Anklage wegen versuchten Prozessbetrugs und Falschaussage im Fall Kirch vs.Breuer erheben will. Im Visier der Fahnder befindet sich auch der aktuelle Kovorstandschef der Bank, Jürgen Fitschen.

HERMANNUS PFEIFFER