: Umzug wird zur Demonstration
PROTEST Die linke Kneipe Baiz wechselt in einen anderen Bezirk. Per Menschenkette lässt sie ihre Stühle von Mitte nach Prenzlauer Berg wandern – und setzt damit ein Zeichen gegen Verdrängung
Gegen 16 Uhr hatten sie es geschafft: Die rund einen Kilometer lange Menschenkette von der Christinenstraße in Mitte bis zur Wörther Straße in Prenzlauer Berg war geschlossen. Mehrere hundert Personen ließen das Mobiliar des Baiz von Hand zu Hand gehen. Die linke Kneipe muss zum Monatsende ihr bisheriges Domizil räumen. Lange Zeit sah es aus, als müsste sie ganz schließen. Erst in letzter Minute hat das Baiz in der Wörther Straße neue Räume gefunden.
Mit der Menschenkette wurde der Umzug gleichzeitig ein Protest gegen Verdrängung. „Auch wenn wir noch mal Glück hatten, wollten wir unsere Bekanntheit für die Aktion nutzen“, erklärte Baiz-Wirt Matthias Bogisch gegenüber der taz.
Freiräume verschwunden
Zunächst war Bogisch noch skeptisch, ob sich genügend UnterstützerInnen für die Kette finden würden. Die Befürchtungen waren grundlos. In die Kette reihten sich junge Leute mit Musikinstrumenten ebenso ein wie Eltern mit Kinderwagen und RentnerInnen. Der Name von Lokalitäten und Freiräumen, die in den letzten Jahren schließen mussten, trugen die TeilnehmerInnen auf Plakaten am Rücken. „Bastard verschwunden“, „Volkssolidarität geschlossen“, aber auch „Metzer Straße erhalten“ war dort zu lesen.
„Bei den meisten MieterInnen läuft die Verdrängung im Stillen ab. Das wollten wir verändern“, betont Bogisch. Das Baiz war sofort an die Öffentlichkeit gegangen, als im Herbst 2012 das Haus seinen Besitzer wechselte. Das Gebäude wurde an die Zelos Properties GmbH verkauft. Die neuen Eigentümer planen in den Räumen der Kneipe ein Büroprojekt. Auf ihrer Homepage wird das Haus als „Altbau aus der Jahrhundertwende“ in exklusiver Umgebung beworben. Adidas und Soho House sollen „das hohe Niveau der Nachbarschaft“ garantieren. PETER NOWAK