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Archiv-Artikel

Debüt unter dem Halbmond

Inanc Cakin ist in Berlin aufgewachsen. Jetzt bestritt der Fußballtorwart sein erstes Länderspiel in der türkischen U-18-Auswahl

Mit gemischten Gefühlen berichtet Inanc Cakin von dem bisher größten Fußballspiel in seiner jungen Karriere. „Es war ein riesiges Erlebnis, zum ersten Mal ein Länderspiel zu bestreiten“, erzählt er. Dann schlägt der Teenager einen gesellschaftspolitischen Querpass. „Eigentlich bin ich ja gut integriert“, so der Gymnasiast von der Ernst-Reuter-Oberschule im Wedding.

Aus Cakins Worten meint man einen Unterton des Bedauerns zu hören. Der 17-Jährige hat sich sportlich für das Heimatland seiner Eltern entschieden, obwohl er in Berlin aufgewachsen ist. Dennoch bestritt der Torhüter des Kreuzberger Oberligaklubs Türkiyemspor vor wenigen Tagen für die Anatolien-Auswahl „Unter 18 Jahren“ sein erstes Länderspiel. Mit 3:2 bezwangen die Jungtürken in Moskau ihre russischen Altersgenossen.

„Ich war schon aufgeregt, als ich die Nationalhymne hörte und den Halbmond auf dem Trikot sah“, berichtet Cakin. Vielleicht hätte das Talent, das in zwei Jahren sein Abitur machen will, versuchen können, mit dem deutschen Bundesadler auf der Brust die internationale Bühne zu entern. Wie Herthas Malik Fathi, der – fast zeitgleich – gegen Schweden seinen nationalen Einstand gab. Nur eben für den DFB.

„Ich habe von Deutschland nie ein Angebot bekommen“, sagt Cakin und beteuert: „Vom Gefühl her bin ich schon Türke. Mein Lieblingsklub ist Besiktas Istanbul.“ Wenn es mit seinem Traum von einem Profivertrag bei dem schwarz-weißen Arbeiterklub nicht klappen sollte, will er Akademiker werden: „Dann möchte ich Medizin studieren. Deshalb setze ich nicht nur auf Fußball.“ Bei Türkiyemspor ist er bereits in den Kader der Oberligaherren aufgerückt. „Der Junge hat Ehrgeiz, er ist unsere Nummer zwei“, lobt Manager Fikret Ceylan den frisch gekürten Nationalspieler.

Aktuell plagen die Kreuzberger weniger personelle denn strukturelle Probleme. Ihre Heimspielstätte, das Katzbachstadion im Viktoriapark, wurde vom Bezirksamt bis zum 30. September gesperrt. „Der Rasen ist ein Acker und völlig ramponiert. Darauf kann man nicht Fußball spielen“, schimpft Ceylan.

Schuld an der dilettantischen Raserei soll eine Fremdfirma sein, die die lädierte Spielfläche in der Sommerpause aufpäppeln sollte. Dabei scheint jedoch zu viel Dünger zum Einsatz gekommen zu sein.

Nachdem schon Türkiyems Heimstart in der Amateuroberliga gegen Tennis Borussia abgesagt werden musste, sah sich der Verein nach der jüngsten Hiobsbotschaft gezwungen, einen neuen Spielort zu finden. Rechtzeitig vor dem gestrigen Auftritt gegen Neuruppin wurden die Kreuzberger im Jahnsportpark fündig, wo bereits die Ligarivalen BFC Dynamo und Ankaraspor Kulübü spielen. „Sportlich ist das natürlich ein Nachteil für uns, in ein anderes Stadion ausweichen zu müssen. Unsere Mannschaft wollte sich den Fans im Katzbachstadion präsentieren“, klagt Ceylan. Uwe Ebenhöh