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Archiv-Artikel

TONI KEPPELER ÜBER DIE STICHWAHL IN EL SALVADOR Mit Blick nach Venezuela

Das war knapp, viel knapper, als man es nach dem deutlichen linken Sieg im ersten Wahlgang erwartet hatte. Erst als die Stimmen gezählt waren, war klar: Die Nationale Befreiungsfront Farabundo Martí (FMLN) bleibt an der Macht – dank eines hauchdünnen Vorsprungs von 0,22 Prozentpunkten vor der ultrarechten Nationalrepublikanischen Allianz (Arena). Bei der Stichwahl scheint allein die Rechte von der um 10 Prozentpunkte höheren Wahlbeteiligung profitiert zu haben.

Dass der FMLN-Kandidat und ehemalige Guerillakommandant Salvador Sánchez Cerén alles andere als eine charismatische Figur ist, war von vornherein klar. Er war Garant dafür, dass die Sozialpolitik fortgeführt wird, mehr nicht. Die FMLN hat ihn im Wahlkampf deshalb eher versteckt. Themen standen im Vordergrund, der Kandidat gab weder Interviews, noch nahm er an öffentlichen Debatten teil. Man wusste, dass das bei seinen beschränkten rhetorischen Fähigkeiten nur ein Debakel werden könnte. Beim ersten Wahlgang hat das noch funktioniert. Eine Stichwahl aber ist ein Kampf Mann gegen Mann, und da sah Sánchez Cerén alt aus.

Arena profitierte von den Unruhen in Venezuela. Ihr lange gepflegter antikommunistischer Diskurs funktionierte nach fünf Jahren linker Regierung nicht mehr. Daraus wurde nun aus aktuellem Anlass ein antichavistischer Diskurs und der zog, weil jeder in El Salvador um die guten Beziehungen der FMLN zur Regierung in Caracas weiß. Niemand will Zustände, wie sie heute in Venezuela herrschen. Die Angst davor mobilisierte für die Rechte. Und wie in Venezuela sprach der knapp unterlegene Arena-Kandidat Norman Quijano von Betrug, rief gar nach der Armee. Man kann nur hoffen, dass dies ein spontaner Ausdruck der Frustration war und dass Arena morgen das Wahlergebnis gelassener sieht. Sonst kommen venezolanische Zeiten auf El Salvador zu.

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