Menschenrechtlerin Cao Shunli in der Haft gestorben

CHINA Die Behörden haben ihr die dringend notwendige medizinische Hilfe verweigert

AUS PEKING FELIX LEE

Chinas Führung geht auch unter Staatspräsident Xi Jinping alles andere als zimperlich mit Dissidenten um. Seit ihrem Antritt vor einem Jahr hat sie bereits mehrere hundert Bürgerrechtler, Journalisten, Anwälte und Blogger festnehmen lassen. Gestorben war aber bislang noch niemand. Nun haben nach Ansicht von Amnesty International die chinesischen Behörden auch „Blut an ihren Händen“.

Cao Shunli, eine 52-jährige Bürgerrechtlerin, ist am Freitag nach fünf Monaten Haft an Organversagen gestorben. Nach Angaben ihres Bruders haben die Behörden ihr über Monate hinweg die notwendige medizinische Behandlung verweigert. Sie sei viel zu spät ins Krankenhaus gebracht worden, beklagte er sich. „Die Polizei ist verantwortlich für den Tod.“

Cao ist in China eine bekannte Menschenrechtsaktivistin. Sie hatte unter anderem im vergangenen Juni für Aufsehen gesorgt, als sie vor das chinesische Außenministerium zog, um gegen die Menschenrechtspolitik unter Xi Jinping zu protestieren. Als sie im September auf Einladung des UN-Menschenrechtsrats nach Genf in die Schweiz reisen wollte, nahmen Sicherheitskräfte sie am Pekinger Flughafen fest und steckten sie ohne rechtliche Grundlage in Polizeigewahrsam.

Die 52-jährige Bürgerrechtlerin hatte schon vor ihrer Haftzeit unter diversen Krankheiten und Tumoren gelitten. Nach Angaben ihres Bruders verschlimmerte sich der Gesundheitszustand aufgrund der miserablen Haftbedingungen jedoch dramatisch. Spätestens im November war klar, dass sie an Lungentuberkulose, Leberzirrhose und Geschwüren im Beckenbereich litt. Die Behörden reagierten jedoch nicht. Erst als Cao Ende Februar wegen Organversagen ins Koma fiel, genehmige die Gefängnisleitung eine Verlegung in eine Klinik. Die medizinische Hilfe kam jedoch zu spät.

Ihr Tod sorgte am Wochenende weltweit für Entsetzen. Die US-Regierung habe wiederholt die Sorge über den sich verschlechternden Gesundheitszustand Caos zum Ausdruck gebracht, beklagte sich US-Außenamtssprecherin Jennifer Psaki, aber von den chinesischen Behörden keine Antwort erhalten. Auch die Außenbeauftragte der Europäischen Union, Catherine Ashton, zeigte sich tief betroffen und würdigte das Engagement der 52-Jährigen.

„Cao Shunlis Tod offenbart, wie niederträchtig und berechnend die chinesischen Behörden ihre Kritiker zum Schweigen bringen“, heißt es in einer Stellungnahme von Amnesty. „Sie hätte schon niemals festgenommen werden dürfen. Aber ihr die medizinische Hilfe zu verweigern, die sie so dringend nötig gehabt hätte, ist ein barbarischer Akt.“ Das UN-Menschenrechtsbüro forderte eine Untersuchung der Todesumstände an.