KLAUS-DIETER GLEITZE, POLITISCHER AKTIONSKÜNSTLER : Der Nischen-Mario-Barth
■ der 57-jährige Aktionskünstler und Kabarettist ist seit 42 Jahren Mitglied der Künstlergruppe „Schuppen 68“ FOTO: PRIVAT
Dass in Hannover an diesem Sonntag Fünf-Euro-Scheine vom Winde verweht werden, war seine Idee: Klaus-Dieter Gleitze, Satiriker, Künstler und letztes Gründungsmitglied der Aktionsgruppe „Schuppen 68“. Er wünscht sich eine „Repolitisierung der Künste“, die für ihn Mittel zur Gesellschaftskritik sind – so wie am Sonntag, wenn die Landesarmutskonferenz gegen die geringe Erhöhung der Hartz- IV-Sätze protestiert.
Gleitze war auch schon mit seiner „Witzothek“, einem mobilen Witzeverleih, in Hannovers Straßen unterwegs. Als Kunsthausierer macht er für die IG Metall auf prekäre Arbeitsverhältnisse aufmerksam, letztens erst im beschaulichen Schwarzwald.
Studiert habe er mal, erzählt Gleitze. Nur, was war das eigentlich? Geisteswissenschaften jedenfalls, und danach hat er lange im Maschinenbau gearbeitet, später auch als Sozialberater. Jetzt lebt er von seinen Kabarettauftritten. Satire macht er, weil er das am besten kann.
Den Hang zum Witz hatte Gleitze sowieso schon immer. Er war als Kind nämlich ziemlich klein und konnte nicht gut Fußball spielen. „Da blieb mir nur die große Schnauze.“ Eine seiner besten Eigenschaften: „Leute zusammenzubringen und zu motivieren“. Die vorbereitenden Sitzungen für Aktionen unterschieden sich oft nur unwesentlich von Kabarettauftritten.
Gleitze macht sich keine Illusionen über das Veränderungspotenzial seiner Kunst. Die sei ein Nischenprodukt für 20 Prozent der Bevölkerung. Oft guckten die Leute einfach irritiert. Ein altes Mütterchen habe ihn mal gefragt, ob er denn mit seiner Witzothek überhaupt Geld verdienen könne. „Ich bin leider, was die Größe des Erfolgs und des Einkommens angeht, kein Mario Barth“, bedauert er.
Auf einiges sei er aber stolz, und zwar „besonders auf die Tatsache, dass wir 1991 als erste Satirepartei überhaupt zu einer Wahl in Deutschland angetreten sind“. Mit dem Slogan „Freibier und Erbsensuppe für alle“ – wo der eigentlich herkam, weiß er auch nicht mehr genau – holte die „Liste Schuppen 68“ 0,9 Prozent bei der Kommunalwahl. Nächstes Jahr zum 20-jährigen Jubiläum wollen sie nochmal antreten. LINDA BODECK