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Archiv-Artikel

Bin Ladens Videohändler gefasst

Bundesanwaltschaft verhaftet einen Asylbewerber aus dem Irak, der mit Terrorbotschaften im Internet al-Qaida unterstützt haben soll. Auf seine Spur kamen die Ermittler durch die verfassungsrechtlich umstrittene vorbeugende Telefonüberwachung

KARLSRUHE dpa/afp ■ Erstmals ist in Deutschland ein mutmaßlicher Al-Qaida-Unterstützer verhaftet worden, der Terrorbotschaften im Internet verbreitet haben soll. Die Bundesanwaltschaft ließ den 36-jährigen Iraker gestern Früh in Georgsmarienhütte bei Osnabrück festnehmen. Nach Erkenntnissen der Ermittler verbreitete der Mann seit September 2005 zahlreiche Audio- und Videobotschaften Bin Ladens sowie von dessen Vize Aiman al-Sawahiri und dem inzwischen getöteten Terrorführer Abu Mussab al-Sarkawi. Haftbefehl hatte der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs bereits am 28. September erlassen.

Auf die Spur kamen die Behörden bei einer vorbeugenden Telefonüberwachung, die das Bundesverfassungsgericht kurz darauf verbot. Nach Angaben des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann (CDU) wurde der Iraker, dessen Asylantrag abgelehnt wurde, seit Anfang 2005 beobachtet. Schünemann sieht mit der Verhaftung seine Linie im Anti-Terror-Kampf bestätigt. Er habe das Personal beim LKA und beim Verfassungsschutz aufgestockt, um die verdeckte Ermittlungsarbeit zu verstärken. Ein Staatsrechtler soll die Möglichkeiten ausloten, ob die präventive Telefonüberwachung doch noch im Polizeigesetz verankert werden kann.

Im Juli 2005 hatte das Bundesverfassungsgericht das vorbeugende Abhören von Telefonen ohne konkreten Tatverdacht an strenge Voraussetzungen geknüpft. Danach ist die niedersächsische Regelung verfassungswidrig und nichtig, weil unbescholtene Personen nicht ausreichend vorm Abhören geschützt wurden. Zudem bestünden keine hinreichenden Vorkehrungen zum Schutz der Privatsphäre.

Bei der Festnahme leistete der Mann nach Polizeiangaben keinen Widerstand. Bei der Wohnungsdurchsuchung wurden ein Laptop und Disketten sichergestellt. Nach Angaben der Ehefrau wurde die Wohnung bereits früher zweimal durchsucht. Beide Male sei ihr Mann festgenommen, aber bald wieder freigelassen worden, sagte sie Journalistin. Das Ehepaar lebt mit drei Kindern seit acht Jahren in Georgsmarienhütte. Nach Angaben der Frau ist ihr Mann „so oft im Internet wie jeder andere Bürger“. Auf die Frage, ob er Kontakte zu al-Qaida habe, antwortete sie: „Ich weiß es nicht.“

Heute soll der Beschuldigte dem Ermittlungsrichter des BGH vorgeführt werden. Unklar blieb zunächst, ob der 36-Jährige die Terrorpropaganda allein verbreitete oder weitere Helfer hatte.