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Archiv-Artikel

Jugendamtsleiter vom Dienst entfernt

Jetzt macht das Jugendamt Hausbesuche. Neuer Amtsleiter soll Ermittlungen unbelastet führen

Von kawe

Die Staatsrätin im Sozialressort, Birgit Weihrauch, hat gestern Nachmittag den Leiter des Jugendamtes, Jürgen Hartwig, „bis auf Weiteres von seinen Aufgaben“ entbunden. Die Aufklärung innerhalb des Amts soll nicht belastet werden durch Rechtfertigungs-Bemühungen des Amtsleiters, heißt es zur Begründung. Eine neue Amtsleitung soll von außen eingesetzt werden.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Carsten Sieling begrüßte die Maßnahme. Im Ressort müsse auch „nach möglichen strukturellen Fehlentwicklungen gesucht und an der Verbesserung der Strukturen gearbeitet“ werden, erklärte er.

Die Grünen hatten am Donnerstag schon die Suspendierung gefordert und gleichzeitig die Überprüfung aller akuten Fälle, in denen es im Jugendamt um den Schutz von Kindern geht. Die Vertreter der Sozialbehörde haben gestern in der Sozialdeputation zugesichert, dass in einem abgestuften Verfahren jetzt Hausbesuche bei den Risiko-Familien stattfinden sollen. Alle verfügbaren Kräfte würden in die Stadtteile geschickt. Mitarbeiter von freien Trägern für diese zusätzliche Arbeit einzusetzen lehnte die Behördenspitze aber ab.

Im Falle von Kevin hatten solche Besuche nicht stattgefunden, im April 2006 hatten die Vertreter des Jugendamtes das Kind zum letzten Mal bei einer „Fallkonferenz“ gesehen. Der Kinderarzt von Kevin, der sich – wie der Heimleiter – im November 2005 vehement dafür eingesetzt hatte, Kevin nicht in die Obhut des Vaters zurückzugeben, war seit diesem Zeitpunkt nicht mehr vom Amt zu Rate gezogen worden.

Todesursache und Todeszeitpunkt Kevins sind weiter unklar, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die Verletzungen an der Leiche des Jungen deuten aber auf äußere Gewalteinwirkung hin. Während die Polizei behauptet, sie habe das Jugendamt über ihre Erkenntnisse und Ermittlungen gegen den Vater informiert, bestreitet das Jugendamt, solche Informationen über Gewalttätigkeiten gehabt zu haben. Der Vater war nach einem Raubüberfall 2001 zu anderthalb Jahren Gefängnis verurteilt worden, mehrfach ermittelte die Polizei wegen Diebstahls oder Gewaltdelikten gegen ihn. Da er bei dem tödlichen Sturz seiner Frau zugegen war, ermittelt die Staatsanwaltschaft auch in diesem Fall gegen ihn. Der Mann hatte die Rettungssanitäter in jener Nacht nicht in die Wohnung gelassen, in der seine blutende Frau lag. Die Polizei musste die Wohnung aufbrechen – und hatte in der Nacht das Kind ins Heim gebracht. Zuletzt war der Vater im Dezember 2005 in Hannover mit Sohn und einer Pistole in der Hand festgenommen worden.

kawe