: Korrekt!
Meckernde LeserInnen hat die taz bremen einfach bei der Korrektur in die Pflicht genommen
von BARBARA LOER
Von Beginn an wurde die taz bremen begleitet von Klagen über zahlreiche Druckfehler – es war schon öfter mal die Rede von einer „taz-spezifischen Legasthenie“. Zu den Klagenden habe ich natürlich auch gehört.
Was also tun? Geld hatte die taz bremen noch nie – aber Anfang der 90er Jahre eine geniale Idee: AnhängerInnen des Lokalteils sollten einmal wöchentlich ehrenamtlich gegen den Druckfehlerteufel kämpfen. Und so wurde es gemacht.
Mehrere Jahre lang habe ich mich also einmal in der Woche kurz vor 17 Uhr in die Räume der taz begeben, bereits sehnlich erwartet vom jeweiligen „CvD“ (Chef vom Dienst). Um 19 Uhr musste der Lokalteil per Knopfdruck in die Druckerei geschickt werden. In diesen zwei Stunden hat die Hektik erwartungsgemäß exponentiell zugenommen – und am Ende der Zeit kam es schon vor, dass Lektorin und CvD gemeinsam brüllten: „Noch sechs Minuten! Wo bleibt der Text?“ – der, wenn er kam, natürlich auch noch Korrektur gelesen werden wollte. Da hieß es dann: Lies schneller, Genossin. Dazu gab es ultimativ formulierte Aufforderungen an die Lektorin, mal drei, mal zwei Zeilen Text zu streichen und das innerhalb einer Minute möglichst (vulgo: alle Füllwörter raus).
Und es gab – trotz der Hektik – hitzige Debatten über Groß und Kleinschreibung, über die zulässige Länge von Sätzen, über den Gebrauch von Fremdwörtern und über den Sprachpurismus der Lektorin. Aber letztlich haben wir alle gemeinsam die Seiten stets (fast) rechtzeitig abgeschickt – und was die Lektorin dann noch an Fehlern übersehen hatte, verdarb ihr am nächsten Morgen die Laune.
Das System war gut. Warum es eingeschlafen ist, ist mir entfallen. Dass es auch heute noch sehr nützlich wäre, könnten taz-LeserInnen jeden Tag klagend anmerken – nicht nur im Lokalteil.
Hinweis: Barbara Loer, hat nicht nur Generationen von widerborstigen taz-Redakteuren die deutsche Rechtschreibung nahe gebracht, sondern auch sonst ein Händchen fürs Pädagogische: Die promovierte Philosophin ist seit 2000 die Leiterin der Bremer Volkshochschule.