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Archiv-Artikel

Schade, dass nicht jede Woche Bayernspiel ist

Der Sieg gegen den Rekordmeister hat dem VfL Wolfsburg offensichtlich nicht genug Stabilität verliehen, um auch auswärts mal seine Stärken auszuspielen. Bei den ersatzgeschwächten Gladbachern setzte es ein unnötiges 1:3

Es gibt im Fußball diesen sonderbaren Moment der Schlüsselszene, die ein Spiel von einem auf den anderen Moment in eine bestimmte Richtung stößt. Oft ist der Schiedsrichter in irgendeiner Form beteiligt, manchmal ist es ein schlimmer Fehler eines Spielers, bei der 1:3-Niederlage des VfL Wolfsburg bei Borussia Mönchengladbach war es eine vergebene Chance von Jacek Krzynowek. Die Niedersachsen lagen durch Alexander Madlung mit 1:0 in Führung (16.) als Krzynowek frei auf Gladbachs Torhüter Kasey Keller zu lief. Statt jedoch eines der großen Löcher zwischen Keeper und Pfosten zu treffen und die Gladbacher Verunsicherung in eine handfeste Depression zu verwandeln, schoss der Pole Kellers Fuß an. Fortan war das Spiel ein anderes, was nicht so richtig zu erklären ist, aber immerhin eine oberflächliche Analyse der folgenden 75 weniger schönen Wolfsburger Minuten erleichtert.

„Komischerweise haben wir nach dieser Chance Angst bekommen“, sagte Trainer Klaus Augenthaler etwas ratlos. So habe man „die Gladbacher aufgebaut“, sich „viel zu weit zurückgezogen“, das zusammengestolperte 1:1 durch Peer Kluge kassiert (34.) bevor Oliver Neuville nur eine Minute später zum 2:1 traf. „Auf einmal war ein Bruch in unserem Spiel“, meinte der junge Verteidiger Michael Stegmayer, der sowohl für das 2:1 als auch für David Degens 3:1 (83.) eine Teilschuld auf sich nahm. Offenkundig war das beim 1:0-Sieg gegen die Bayern erarbeitete Selbstvertrauen derart labil, dass eine eigene vergebene Großchance es zerstören konnte, und das sagt sehr viel über den Zustand dieses VfL Wolfsburg.

„Genau das tut besonders weh“, meinte Augenthaler, denn an diesem Nachmittag hat man nicht nur drei Punkte verloren, nicht nur eine wunderbare Ausgangslage im Spielverlauf verspielt, sondern auch die nach dem Bayern-Spiel aufgekommenen zarten Ansätze des Glaubens an die eigene Stärke. Auf die Frage, ob man sich nun wieder auf eine Saison tief unten im Abstiegskampf einstellen müsse, meinte Stegmayer, das wisse man „erst in drei vier Wochen“, aber die Situation sei schon jetzt „sehr, sehr schwer“.

Sicher ist jedenfalls, dass sich die bis zu diesem Spieltag ja ungewöhnlich eng gestaffelte Tabelle tendenziell in ein wirkliches Oben und in ein Unten ausdifferenziert hat. Der VfL muss nach diesem ersten Selektionsprozess eindeutig dem Unten zugeordnet werden, und dieser Eindruck wird noch verstärkt von der Art und Weise, auf die diese Niederlage zustande kam: Erst grassierten die Folgen der vergebene Chance Krzynoweks, und dann kassierten die Wolfsburger auch noch ein Ausgleichstor, dem eine Portion Pech vorausging, wie sie wirklich des tiefsten Abstiegsschlamassels würdig ist: Ein verunglückter Schuss des Gladbachers Kahé prallte irgendwie an Peer Kluges Knie, kullerte von dort an den Pfosten, um wiederum genau vor Kluges Füße zu rollen. Solche Details verraten oft mehr über die Dimension einer Krise, als das Spiel des VfL Wolfsburg, das in weiten Teilen gar nicht so schlecht war. DANIEL THEWELEIT