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Archiv-Artikel

Bitte keine Hochglanzbroschüren

INVESTMENT Wer auf dem Markt der grünen Geldanlagen sicher agieren möchte, sollte auf gutes Handwerkszeug setzen. Das lässt sich mit ein wenig Know-how erkennen

Grünes Geld

■ Auf der Anlegermesse für nachhaltige Geldanlagen präsentieren 26 Aussteller ökologische und ethische Produkte. Anleger können sich unter anderem über sichere Windfonds, Umwelt-Sparbriefe und Mikrofinanzen informieren.

■ Ein Schwerpunkt der Messe ist der Verbraucherschutz. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion diskutieren Verbraucherschützer die Frage „Grün oder grün gewaschen? Wie Sie nachhaltige Geldanlagen beurteilen können“.

■ In den Vorträgen wird unter anderem beleuchtet, wie sich mit der Geldanlage Umwelt- und Menschenrechte schützen lassen oder was ein senegalesischer Joghurt mit sozialer Geldanlage zu tun hat.

■ Die Messe hat am 10. Mai von 9.30 bis 18.00 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Die Adresse: Historisches Kaufhaus, Münsterplatz 24, 79098 Freiburg/Breisgau.

■ Die nächste Messe Grünes Geld findet am 6. September in Hamburg statt. (ve)

www.gruenes-geld.de

VON BERNWARD JANZING

Es war ein großer Knall Ende Januar – der Windkraftprojektierer Prokon musste Insolvenz anmelden. Damit strauchelte einer der ganz Großen im Segment der grünen Geldanlagen, der in den letzten Jahren beachtliche 1,4 Milliarden Euro von Anlegern eingesammelt hatte.

Ein Menetekel für die gesamte Branche? Matthias Fiedler, Geschäftsführer der Bewegungsstiftung, sieht die Gefahr, dass nun „eine gesamte Branche unter Generalverdacht gestellt“ wird. Um das zu verhindern, ist Information nötig. Und so lud die Stiftung im April in Hannover zu einer Diskussion mit dem Thema „Prokon und die Folgen“ – mit dem Ziel, die Debatte über Konsequenzen aus dem Vorfall auf einen konstruktiven Weg zu bringen.

Wer nüchtern an die Sache herangeht, muss nun vor allem zwei Aspekte diskutieren: zum einen die Frage, wie viel Information über Angebote nötig ist und wie viel Werbung sein darf; zum anderen die Frage, wo man zwischen sinnvoller Regulierung im Sektor der Geldanlagen einerseits und möglichst großer Freiheit des mündigen Bürgers andererseits den optimalen Weg findet.

Die üppige Werbung hätte den Anlegern auch bei Prokon Warnung sein können. Das Unternehmen warb im Fernsehen zur besten Sendezeit – was bekanntlich nicht billig ist –, es versandte unerbetenes Werbematerial en masse, und es platzierte Plakate in Linienbussen, selbst auf abgelegenen Strecken. Die Frage, ob man einem Unternehmen Geld leihen will, das so viel für Werbung ausgibt, sollte man sich als Anleger grundsätzlich stellen. Zumal Prokon nicht die einzige Firma war, die durch überbordende Werbung auffiel, ehe sie scheiterte. Auch die Solar Millennium AG zum Beispiel streute mit jeder ihrer zahlreichen Anleihen immer wieder katalogdicke Hochglanzbroschüren – bis das Geld ausging. Ende 2011 folgte der Insolvenzantrag.

Der zweite Aspekt, den es zu diskutieren gilt, ist unterdessen grundsätzlicher politischer Art. Forderungen, den grauen Kapitalmarkt – das ist jener, der abseits der Banken stattfindet – auszutrocknen, wurden nach der Prokon-Pleite reflexartig erhoben. Doch will man die Bürger so sehr entmündigen? Oder braucht nicht die Gesellschaft vielmehr Investoren, die – bestens informiert – ökonomische Risiken eingehen, um neue Entwicklungen anzustoßen?

Eine strenge Regulierung, die Projekte verhindert, kann viel kaputt machen, ist Fiedler überzeugt: „Wir brauchen viele Innovationsprojekte, die den notwendigen sozialen Wandel in Deutschland vorantreiben.“ Manche Ideen seien eben nur mit entsprechendem Risikokapital voranzubringen.

Ähnlich sind auch für Jörg Weber von ECOreporter risikobereite Anleger wichtig für den ökologischen Wandel: „Anfang der 1990er Jahre galten Investitionen in erneuerbare Energien als Risikoinvestitionen“, sagt er. Und nur durch die Risikobereitschaft der Anleger habe sich die Branche insgesamt so gut entwickeln können, dass heute in Deutschland jede vierte Kilowattstunde Strom aus erneuerbaren Energien stammt.

Aber wie geht es nun weiter mit dem grünen Geld? „Unser Fazit der Tagung war, dass man viel mehr Wert auf das Handwerkszeug legen muss“, sagt Fiedler. Das heißt: Man muss die Anleger fit machen, damit sie Anlageobjekte kritisch betrachten können. Das sei immer besser als zu enge Regulierungsvorschriften. Dabei ist auch das Bildungssystem gefordert. Es muss mithelfen, mündige Konsumenten zu schaffen. Doch bislang scheitert es daran.

Will man eine Altersvorsorge, die von globalen Märkten abhängt?

In den Schulen bleibt die Vermittlung selbst grundlegender ökonomischer Aspekte in der Regel außen vor – als habe die Wirtschaft keinerlei Relevanz für den Alltag. Entsprechend agieren viele Bürger im Blindflug und setzten eigentümliche Prioritäten: Mancher Verbraucher recherchiert vor dem Kauf eines neuen Staubsaugers intensiver als vor Abschluss einer Geldanlage, die als Altersvorsorge taugen soll.

Aber nach welchen Kriterien wählt man nun seine Anlageobjekte aus? Zum einen stellt sich die Frage, ob eine Beteiligung an einem Unternehmen oder aber an einem Projekt besser ist. Berechenbarer sind oft die konkreten Projekte. Zum Beispiel gibt es bei einer Beteiligung an einem Solar- oder Windprojekt nur zwei wesentliche Risikofaktoren (einen seriösen Anbieter immer vorausgesetzt): technische Defekte und das falsche Wetter.

Hingegen tangieren Turbulenzen der globalen Ökonomie die Projekte nicht. Das kann bei Investitionen in Firmen anders sein. Dann können plötzlich so ferne Ereignisse wie die Politik Chinas oder der amerikanische Immobilienmarkt die eigene Rendite beeinflussen – will man das? Will man eine Altersvorsorge, die von globalen Märkten abhängt? Oder hält man es lieber mit Projekten, deren Erfolg auf durchschaubaren Faktoren beruht? Ein wichtiger Aspekt ist daher auch immer die örtliche Nähe: „Wer die Akteure und ihre Projekte kennt, ist im Vorteil“, sagt Fiedler.

Am Ende dürfte der grüne Kapitalmarkt die Prokon-Pleite gut überstehen. Bei den ökologisch ausgerichteten Banken haben die Turbulenzen des Anlageriesen ohnehin wenig Spuren hinterlassen – erst recht keine negativen. Die GLS Bank, die 1991 bereits ihren ersten Windkraftfonds anbot, teilt mit, der Fall Prokon habe keinerlei Rückgänge im Kundengeschäft gebracht. Die Bank wachse weiterhin kräftig. Ähnlich ergeht es auch der Umweltbank. „Möglicherweise sind einige Anleger vorsichtiger geworden, aber bei uns ist die Nachfrage nach ökologischen Geldanlagen weiterhin unvermindert groß“, sagt Vorstandsmitglied Jürgen Koppmann.