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Archiv-Artikel

SPORTPLATZ Bei Union darf wieder gelacht werden

FUSSBALL Gegen Fortuna Düsseldorf reicht Union Berlin ein 1:0 – und der Kapitän ist wieder wer

Dominic Peitz bekam ein Sonderlob vom Trainer. Für Ehrgeiz, Biss, Kampfeskraft. „Er hat die Bälle abgeköpft, alles abgegrätscht“, sagte Uwe Neuhaus über seinen Mann vor der Abwehr: „Das war stark, stellvertretend für die Mannschaft.“ Aber auch Peitz räumte nach dem 1:0 am Freitag gegen Fortuna Düsseldorf ein, dass der 1. FC Union Berlin nicht geglänzt hatte. „Wir haben dreckig gewonnen.“ Im Berliner Arbeiterklub ist das ein Qualitätsmerkmal, für das man tunlichst trotzdem gefeiert wird.

So sahen das auch andere. „Sport frei!“, rief Torsten Mattuschka in die Runde der Zuhörer – als Aufforderung zur guten Laune. Zuvor hatte der Kapitän nach seinem Tor die Hand zackig an die Stirn geführt – wie beim Militär. „Ahmed Madouni hat es zuerst gemacht“, sagte er, „ich bin da wie ein Kleinkind und mache alles nach, was man mir vormacht.“ Ein hübsches Stichwort. Es ist erst eine Woche her, da durfte sich der 30-Jährige, seit einigen Wochen Vater, noch einmal fühlen wie ein kleiner Junge. Zurechtgestutzt vom Trainer, der in seiner Verärgerung seinem Spielführer persönlich die Niederlage beim FSV Frankfurt ankreidete. „Er kann mit Kritik umgehen, das wusste ich schon. Dass er heute gleich so zurückkommt – umso schöner“, fühlte sich Neuhaus bestätigt nach einer Maßnahme, die bei einigen Betrachtern auch Befremden ausgelöst hatte.

Neuhaus gilt zwar als sachlicher Typ, aber seine Kapitäne hat der Trainer seit Dienstantritt beim 1. FC Union Berlin vor dreieinhalb Jahren schon im halben Dutzend demontiert. Weshalb in Köpenick schon des Längeren vom Fluch der Armbinde die Rede ist. So hilft also das Tor womöglich auch mit, das Verhältnis zwischen dem Coach und seinem verlängerten Arm wieder ins Lot zu bringen.

Schon unter der Woche hatte sich Neuhaus bemüht, die Wogen zu glätten. Wohl wissend, dass eine weitere Baustelle dem Gesamtgebilde nur schadet. Nun sagte er sogar, er habe bei aller Verärgerung über eine vergebene klare Chance Mattuschkas in Frankfurt auch ein gutes Spiel attestiert. Schwamm drüber, meinte auch der Angesprochene nach dem erfolgreichen Freitagabend. „So dreht sich das eben im Fußball. Letzte Woche habe ich auf die Fresse gekriegt, jetzt bin ich hier die positive Geschichte.“ All die Diskussionen um seine angebliche Formschwäche – vergessen?

Bis zum Düsseldorf-Spiel hatte er erst ein Tor erzielt, und das war schon fast zwei Monate her. Wenn dann der Trainer noch öffentlich kritisiert, prallt das normalerweise an keinem Fußballprofi ab. „Scheißegal. Mit Kritik muss hier jeder umgehen, weil es nicht um Einzelne geht“, sagte Mattuschka. Es sind solche Sätze, die verdeutlichen, warum er zu Recht die Binde trägt. „Tusche ist präsent“, sagte Manager Christian Beeck, „er setzt die entscheidenden Punkte.“

Auf und abseits des Platzes ist der Langzeit-Unioner, der mit dem Klub aus der Oberliga nach oben kletterte, für Antrieb und Stimmung zuständig. Daran erinnerte am Freitag auch der Vorlagengeber zum Tor, auf süffisante Weise. Karim Benyamina war so gar nicht einverstanden mit dem Gruß nach dem Treffer. „Ich bin sauer auf Torsten. Er hat mir versprochen, dass er die Hose runterzieht, wenn er ein Tor macht.“ Beim offiziellen Fotoshooting vor der Saison hatte Mattuschka blankgezogen. Das wollte er nach seinem Tor aber lieber nicht wiederholen, „weil ich diesmal meinen Tanga nicht anhatte“.

Es darf, nein es muss wieder gelacht werden bei Union – nach neun Punkten aus den letzten vier Spielen. MATTHIAS WOLF