: Massentierhalter reden Probleme klein
GEFLÜGEL Verbände wundern sich über die Debatte in Niedersachsen – Missstände sehen sie nicht
GERD HAHNE, MINISTERIUMSSPRECHER
Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) versucht den Druck von ungewohnter Seite runterzuspielen. „Das ist alles nicht neu“, sagt Sprecherin Kerstin Spelthann zur Debatte um Schnabelkürzungen und Fußverletzungen in Geflügelställen. Der Staatssekretär des niedersächsischen Landwirtschaftsministerium hatte in einer geschlossenen Sitzung des Agrarausschusses berichtet, welche Probleme er bei Massentierhaltung sieht, und eine Mängelliste vorgetragen – nun sollen mit den betroffenen Branchen neue Leitlinien entwickelt werden.
Spelthann sagt, sie sei davon überrascht. Es gebe doch schon bundeseinheitliche Eckwerte zur Putenzucht aus dem Jahre 1999, die 2005 überarbeitet worden seien – sie enthielten praktische Hinweise für die Züchter. Und auch in anderen Bereichen gebe es klare Vorgaben, wie die Hähnchenhaltungsverordnung.
„Natürlich sagen wir nicht, es ist alles super“, sagt Spelthann, und natürlich müssten die Leitlinien weiter entwickelt werden. Dies sei in den letzten Jahren auch geschehen. Spelthann räumt aber auch ein, dass es Probleme mit der Einstreu gebe, die man weiter entwickeln müsse. Denn wenn diese durchnässt ist, können sich die Tiere leicht am Fuß verletzen.
Die verschiedenen Regeln für die Tierzucht sind nach Angaben der ZDG-Sprecherin in Deutschland strenger als anderswo in Europa. „Die Situation, die wir hier haben, ist deutlich anders als in Holland – viel restriktiver.“ Von Missständen in der Tierhaltung will Spelthann nicht sprechen.
Auch der Vorsitzender des Verbandes Niedersächsische Geflügelwirtschaft, Wilhelm Hoffrogge, ist von den Plänen des Landwirtschaftsministeriums, neue Leitlinien zu entwickeln, überrascht worden. „Das ist nicht notwendig, da es in den meisten Bereichen rechtsverbindliche Verordnungen gibt“, sagte er der Oldenburgischen Volkszeitung. Die Pläne des Ministeriums seien „Aktionismus“.
Die Geflügelzüchter haben ganz andere Sorgen: Die ZDG-Vollversammlung verabschiedete in der vergangenen Woche eine Stellungnahme zur Kritik an ihrer Branche. Sie fordert die Politik auf, „die gesellschaftliche Diskreditierung von Geflügelhaltern und deren Familien“ öffentlich zu verurteilen und „alle Möglichkeiten zum Schutz des Eigentums“ auszuschöpfen.
Auch das Ministerium versucht die Geflügelzüchter aus dem Fokus der Debatte zu nehmen. „Es geht nicht nur um Geflügel“, sagt Sprecher Gert Hahne. „In Niedersachsen werden auch Pferde, Rinder und Schweine gezüchtet.“ Im Übrigen beschäftige sich das Ministerium nicht erst seit zwei Monaten mit Tierschutz, eine neue Offensive gebe es nicht. Zum Haus gehörten schließlich auch der Tierschutzdienst und das Landesamt für Verbraucherschutz. DKU