strom ausgepustet?
: Schon wieder Spargelzeit

Fleißige Beamte muss das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium haben. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Behörde nur ein paar Stunden brauchte, um sich die Ursache für den Stromausfall zu erklären, der am Wochenende halb Westeuropa eine dunkle Stunde beschert hat. Die Windenergie sei mitschuldig gewesen, genauer die misslungene Einspeisung ins Stromnetz, fanden die fleißigen Ministerialbürokraten in Windeseile heraus. Eine großartige Rechercheleistung, noch dazu am heiligen Sonntag. Respekt.

KOMMENTAR VON KLAUS JANSEN

Einen Werktag nach dem Blackout steht die nordrhein-westfälische Landesregierung mit ihrem Erklärungsansatz jedoch nahezu allein – und der Stromkunde wundert sich. Zu offensichtlich ist der Versuch, den Stromausfall politisch zu instrumentalisieren: Statt die Ursache beim Versorger zu suchen, zeigt die schwarz-gelbe Koalition mit dem Finger auf die Windkraftunternehmen. Erinnerungen werden wach an den Landtagswahlkampf, in dem CDU und FDP in jedem Schützenzelt gegen die „Verspargelung der Landschaft“ wetterten.

Der Streit um die Schuld für den jüngsten Stromausfall zeigt, dass die schwarz-gelbe Koalition den Feldzug gegen die ungeliebten Windräder ungebremst fortsetzt. Dass sie sich dabei mittlerweile mit Brachial-Rhetorik zurückhält, macht die Lage für die Angestellten der Branche nicht angenehmer: Nach einer Stunde ohne Licht und Fernseher schadet der Konjunktiv einer vermeintlich neutralen Landesbehörde dem Image der Windenergie allemal mehr, als dies zehn hysterische Wahlkampfreden könnten.

Zur Erinnerung: Für die Einspeisung der Windenergie sind die großen Stromkonzerne zuständig. Für die Stabilität der Netze auch. Statt Eon und Co. die Suche nach Entschuldigungen abzunehmen, sollte die Politik die Konzerne endlich zu mehr Investitionen in ihre Infrastruktur zwingen. Solange das nicht geschieht, herrscht weiter Verdunklungsgefahr.