ORTSTERMIN: „DIE PARTEI“ HÄLT EINEN LANDESPARTEITAG AB : Erstmal wird gegessen
Es sind die Tage, in denen sich ehemalige politische Feinde die Männerhand reichen, um gemeinsam gegen die Meuchelmörder des Gymnasiums eine Landtagswahl zu gewinnen. Tage, in denen jeder, der eine schlaue Brille trägt, Schulsenator werden will. In denen fremde Männer – aus Osnabrück und von noch viel weiter weg – die herrliche Stadt Hamburg regieren wollen. Und in denen, ausgerechnet, die SPD als Hoffnungsträger gilt.
In diesen Tagen also erhebt auch die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative, kurz: „Die PARTEI“, ihre Stimme. In der „Taverna Romana“ im Hamburger Schanzenviertel beginnt an einem späten Sonntagnachmittag der Landesparteitag.
In Hamburg hat die PARTEI 430 Mitglieder, bundesweit sind es etwa 6.000. Der Bundesvorsitzende, auch der „große Vorsitzende“ oder GröVorAZ – Größter Vorsitzender aller Zeiten – genannt, ist nach wie vor der Satiriker Martin Sonneborn. Hamburger Landesvorsitzender ist der Softwareentwickler Alexander Grupe, 32, der sich gerne „Landesvater“ nennen lässt.
Zunächst werden in der „Taverna Romana“ die Kandidaten für die Bürgerschaftswahlen im Februar sowie für die Bezirksversammlung gewählt. „Das wollen wir schnell abwickeln“, sagt Grupe, „damit wir dann anstoßen können.“
Auf den Tischen stehen viele kleine Schilder: „Tisch 27“ zum Beispiel, „WK 03 – Altona“ für Wahlkreis Altona, WK 05 ist Eimsbüttel, und die Schilder mit den Namen der Wahlberechtigten. Viele der anwesenden Männer tragen graue Anzüge, blaue Hemden und rote Krawatten: Politiker-Uniform.
Zehn Euro kostet es im Jahr, PARTEI-Mitglied zu sein. „Die aufwändigen Wahlkämpfe mit den teuren Plakaten kosten viel Geld“, erklärt Grupe einem Neumitglied, das er mit einem leisen „Willkommen“ begrüßt. Auch wenn Grupe vom Tempo gesprochen hat, in dem der Parteitag abzuhalten sei: Erstmal wird eine halbe Stunde lang nur gegessen und getrunken. Ein Ausschuss klärt derweil, ob Neumitglieder auch für Wahlen kandidieren dürfen. Sie dürfen.
Einstimmig werden Versammlungs- und Wahleiter gewählt, man verabschiedet die Geschäftsordnung und bestimmt einen Protokollführer. Dann hält Grupe seine Grundsatzrede – die dauert keine 50 Sekunden und hat ihren Höhepunkt gleich zu Beginn: „Hamburg ist am Ende, weil wir noch nicht an der Macht sind.“
Ab dem nächsten Tag sollen die 1.000 Unterschriften gesammelt werden, die notwendig sind, damit die PARTEI in Hamburgh zur Wahl zugelassen wird. Psychologe Dr. Kim-Oliver Tietze, Generalsekretär und Versammlungsleiter, fordert erfolgreich dazu auf, zusammen das Wort „Arbeitsteilung“ zu sprechen und danach „gute Koordination“ – auf dass nicht fünf Parteifreunde in Altona Unterschriften sammeln und keiner in Bergedorf.
Auf Platz eins der Landesliste wird – in Abwesenheit – einstimmig Vivien Tharun gewählt, weil, wie Grupe bemerkte, „sie morgen Geburtstag hat“. Als Wahlurnen dienen Brotkörbe, Becher und eine leere Schachtel Markierstifte. Bei der letzten Landtagswahl hatte die PARTEI mit Spitzenkandidat Heinz Strunk enorme 0,3 Prozent erhalten – „genau die Stimmen, die der FDP zum Einzug in die Bürgerschaft gefehlt haben“, sagt Grupe.
Diesen schönen Erfolg will die PARTEI im Februar 2011 wiederholen. Es gibt ein aussagekräftiges Wahlplakat. Darauf steht oben: „Die beste Partei“, und unten „Die PARTEI“, und dort, wo die Parole hingehört, steht nix. „Kann man ja“, sagt Grupe, „noch was reinschreiben.“ ROR