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Archiv-Artikel

Pläne für Flugzeug-Anschlag aufgedeckt

Sprengstoff sollte in ein Verkehrsflugzeug geschmuggelt werden. Bundesanwaltschaft verhaftet sechs Männer in Hessenund Rheinland-Pfalz – und lässt sie wieder frei. Die Attentatsvorbereitungen befanden sich offenbar erst im Anfangsstadium

VON CHRISTIAN RATH

Die Bundesanwaltschaft hat einen Anschlag auf ein Verkehrsflugzeug schon im Ansatz vereitelt. Dies teilte die Karlsruher Behörde gestern in einer relativ dürren Presseerklärung mit. Sechs Verdächtige wurden am Freitag vorläufig festgenommen und bereits am Samstag wieder freigelassen – bis auf einen, der wegen einer anderen Sache in Haft bleiben musste.

Erst vor wenigen Tagen warnte Generalbundesanwältin Monika Harms in einem Interview, die Deutschen sollten sich nicht zu sicher fühlen, die Ruhe könne „trügerisch“ sein. Da wusste sie schon, dass ihre Behörde gegen sechs Personen in Hessen und Rheinland-Pfalz wegen Bildung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ermittelte. Sie sollen geplant haben, ein Gepäckstück mit Sprengstoff in ein Verkehrsflugzeug zu schmuggeln. Ein Flughafen-Mitarbeiter, der bereit war, das Gepäckstück in den Jet zu bugsieren, war schon gefunden.

So weit hört sich die Geschichte ziemlich gefährlich an. Tatsächlich dürfte der geplante Anschlag aber noch ganz im Anfangsstadium gesteckt haben. Die Beschuldigten konnten sich mit dem Flughafenmitarbeiter bisher noch nicht über die Entlohnung einigen, obwohl die Kontaktaufnahme bereits im Sommer stattfand. Gegen die sechs Personen wurde nicht einmal ein Haftbefehl erlassen. Das deutet darauf hin, dass die Ermittler nicht den erforderlichen „dringenden Tatverdacht“ auf Bildung einer terroristischen Vereinigung haben. Die sechs Personen wurden nur verhört, außerdem wurden insgesamt neun Wohnungen durchsucht.

Bisher ist eigentlich mehr unklar als bekannt. Die Bundesanwaltschaft teilte weder mit, um welchen Flughafen es sich handelte (Nachrichtenagenturen gehen davon aus, dass es Frankfurt/Main sein soll), noch welche Nationalität die Verdächtigen haben. Offen ist, ob die Beschuldigten zur islamistischen Szene gehören oder andere Ziele verfolgten. Immerhin gehen die Ermittler davon aus, dass die Verdächtigen Kontakt zu (bislang unbekannten) Hintermännern hatten, die sich wohl an der Entlohnung des Flughafenmitarbeiters beteiligen sollten.

Karlsruher Beobachter werten die unspektakuläre Bekanntmachung der Festnahmen als Indiz dafür, dass die potenziellen Attentäter als nicht sehr tatentschlossen angesehen werden – sonst hätte es wohl eine Pressekonferenz gegeben. Zugleich sollte dem terroristischen Umfeld signalisiert werden, so ein Sprecher des Bundesinnenministeriums, dass „unsere Sicherheitsbehörden sehr aufmerksam sind, nah dran sind an möglichen Strukturen und es bisher jedenfalls geschafft haben, früh genug einzuschreiten“.

Vor wenigen Wochen waren allerdings zwei mit Sprengstoff beladene Koffer in Regionalzügen in NRW gefunden worden. Sie waren nur deshalb nicht explodiert, weil die Täter beim Zusammenbau Fehler machten. Die beiden mutmaßlichen Attentäter konnten aufgrund von Videoaufzeichnungen im Kölner Bahnhof festgenommen werden.