HEIMLICHE TESTS: VATERSCHAFT IST NICHT NUR BIOLOGISCH DEFINIERT
: Recht des Kindes auf einen Vater

Einmal Vater – immer Vater. So gilt es bisher im deutschen Familienrecht. Aber alle gehen davon aus, dass es bald erleichtert wird, die Vaterschaft anzufechten und die Bindung zum Kind aufzulösen. Gestern hat das Bundesverfassungsgericht über heimliche Vaterschaftstests verhandelt. Ein Urteil wird im nächsten Jahr erwartet.

Selbst wenn die heimlichen Vaterschaftstests verboten werden sollten, wird es sie weiterhin geben, denn die DNA-Tests sind billig und leicht durchzuführen. Damit kann man leben, denn in der Regel sind die heimlichen Tests für die Familie besser zu verkraften als offizielle gerichtliche Gutachten. Immerhin stellt sich in 80 Prozent der Fälle heraus, dass der zweifelnde Mann tatsächlich der Vater ist. Und weil der Test heimlich war, ist auch der Familienfrieden nicht gestört.

Folgen hat der heimliche Test nur, wenn sich der Zweifel bestätigt. Dann dürften viele Väter ein offizielles Anfechtungsverfahren nachschieben, ohne den heimlichen Test zu erwähnen. Schon jetzt ist absehbar, dass dieses offizielle Anfechtungsverfahren vom Gesetzgeber erleichtert wird, ist doch politischer Konsens, dass die „biologische Wahrheit“ mehr Gewicht bekommen müsse, auch wenn heimliche Tests verfassungswidrig sein sollten.

Während sich das Interesse stets mehr dem eventuell getäuschten Vater zuwendet, werden die Anliegen der Kinder zunehmend übersehen: Es geht hier um eine stabile Beziehung zu einer der wichtigsten Personen ihres Lebens. Daher sah das Familienrecht bisher vor, dass ein Mann seine Rolle nicht mehr in Frage stellen soll, wenn er sich einmal entschieden hat, Vater zu sein – auch wenn die Beziehung zur Mutter scheitert.

Angesichts der Bedeutung der Vater-Kind-Beziehung sollte bei einer Neuregelung des Familienrechts zumindest sichergestellt werden, dass eine fehlende biologische Vaterschaft nicht automatisch zum Verlust der Verwandtschaft führt. Vielleicht merkt der Vater ja erst nach einem Test, dass ihm an der sozialen Beziehung zu seinem Nicht-mehr-Kind doch etwas liegt. Den Betroffenen wäre es zu wünschen. CHRISTIAN RATH