: Wie Spießer zu Machern werden
VOLKSENTSCHEID Lehren aus der Niederlage: SPD-Fraktionschef Saleh will die Bürger künftig schon vorab besser an der Planung von Großprojekten beteiligen. Mitte Juni soll es dazu ein erstes Forum geben
Manchmal geht alles ganz schnell. „Provinzielle Spießigkeit“ hatte Raed Saleh noch am Donnerstag letzter Woche im Abgeordnetenhaus den Anhängern eines unbebauten Tempelhofer Feldes nachgesagt. Am Freitag dieser Woche vermied der SPD-Fraktionschef jeden Ton, den die Tempelhof-Fans auch nur annähernd als Vorwurf auffassen könnten: Schlicht die Mehrheit der Berliner habe sich für ein Ja zur Initiative entschieden. Und: Dieser Initiative sei es gelungen, mit wenig Aufwand eine Stimmung für die eigene Position zu erzeugen. „Respekt für diese Leistung“, so Saleh.
Der SPD-Politiker hat aus dem grandiosen Scheitern der rot-schwarzen Position seine Konsequenzen gezogen: Er lädt rund 40 Vertreter der Fraktionen und des Senats, von Initiativen, Verbänden und der Stadtgesellschaft am 12. Juni zu einem Treffen ins Abgeordnetenhaus. Dort soll es darum gehen, wie künftige Konflikte vor allem in der Liegenschaftspolitik diskutiert werden können, noch bevor sie entscheidungsreif sind. „Präaktiv werden“, nennt Saleh das. Möglicherweise werde er sogar vorschlagen, dass „die Politik künftig selbst Befragungen vornimmt, statt nur auf ein Nein der Bürger zu warten“.
Anlässe dazu werde es viele geben, vermutet Saleh nicht ganz zu Unrecht. Etwa die Sanierung des ICC, eine Olympia-Bewerbung, den Weiterbau der A 100, die Umnutzung von Tegel. Hintergrund sei, so der 36-Jährige, dass sich „eine aktive Bürgergesellschaft gebildet und die Stadt sich politisiert“ habe. Damit müsse die Politik umgehen.
Das Treffen am 12. Juni soll nur der Auftakt dazu sein. Ob es gelingt, ist noch offen. Denn zugesagt habe bisher noch niemand, gibt der Fraktionschef offen zu. Allerdings seien die Einladungen auch erst vor wenigen Tagen verschickt worden. Immerhin ließ Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) am Nachmittag verlauten, dass er dabei sein werde. BERT SCHULZ