: Regierungen fürchten ihre Gotteskrieger
EUROPA Von den Islamisten, die nach Syrien gezogen sind, kommen die meisten aus Großbritannien, Frankreich und Deutschland
BERLIN dpa/taz | Nach Afghanistan und Pakistan ziehen gewaltbereite Islamisten aus aller Welt heute vorzugsweise nach Syrien. Laut EU-Experten haben sich bislang mehr als 2.000 Dschihadisten aus Europa auf den Weg nach Syrien gemacht. Besonders viele davon sind französische und britische Staatsbürger.
Nach Schätzungen der Regierungen handelt es sich jeweils um 300 bis 700 Personen. Auch Deutschland steht mit 320 ausgereisten Islamisten weit vorn auf der Liste. Offiziellen Angaben zufolge stammen zudem mehrere hundert aus Belgien, Skandinavien und den Niederlanden. Eine Minderheit kommt aus Albanien, Bosnien und Serbien.
Die betroffenen Regierungen befürchten, dass einige der Rückkehrer – nunmehr radikalisiert, militärisch ausgebildet und kampferprobt – in ihren Herkunftsländern Anschläge verüben könnten. Am 30. April trafen sich Vertreter Frankreichs, Großbritanniens, Belgiens und Deutschland in London, um über das Problem zu sprechen.
Dabei verfolgen die jeweiligen Staaten unterschiedliche Ansätze. Die Regierung in Paris etwa will vor allem präventiv tätig werden. So sollen Minderjährige künftig nicht mehr ohne Zustimmung ihrer Eltern ausreisen dürfen, islamistische Websites stärker überwacht und Eltern sowie Lehrer ermutigt werden, sich bei Verdacht bei entsprechenden Einrichtungen zu melden.
Deutschland setzt auf eine verstärkte Sensibilisierung und Aufklärung vor allem junger Menschen. So gibt es in NRW das Präventivprogramm „Wegweiser“. Ein Netzwerk aus lokalen Verbänden, Moscheevereinen, Ämtern und der Polizei bietet Beratung und Hilfe an.
Die britische Regierung möchte diejenigen, die etwas für Syrien tun möchten, ermutigen, Hilfsorganisationen zu unterstützen, anstatt in den Dschihad zu ziehen. Außerdem sollen verstärkt Frauen tätig werden, um junge Männer von dem Weg in den Kampf abzuhalten. Diese könnten leicht ihre Söhne oder andere Familienmitglieder beeinflussen, sagte Sara Khan, Direktorin der islamischen Frauengruppe Inspire, gegenüber dem britischen Sender Channel 4. Sie bräuchten aber die notwenigen Kenntnisse, um die Argumentationen von Islamisten widerlegen zu können.
Doch nicht jeder islamistische Rückkehrer ist ein potenzieller Attentäter. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes hat sich gezeigt, dass die Realität in Syrien bei manchen Extremisten zu Zweifeln, Desillusionierung und Frustration führen können. B.S.