: Braune Parolen in Schöneweide
NAZIS Rechter Anschlag am Neujahrstag auf künftiges Zentrum für Demokratie in Schöneweide. Die Räume sollen im kommenden Februar eröffnet werden
Die Fassade des Zentrums für Demokratie in Schöneweide ist am Neujahrstag mit Naziparolen beschmiert worden. Die Polizei entdeckte nach Bürgerhinweisen zahlreiche riesige Hakenkreuze und rechte Parolen wie „NS jetzt“ und „Anti-Antifa 88“ am Gebäude. Die Zahl 88 ist in der rechten Szene eine Chiffre für den Nazigruß „Heil Hitler“. Polizeisprecher Florian Nath bestätigte die Schmierereien am Zentrum für Demokratie und ähnliche an drei Nachbarhäusern, die seine Behörde wegen der strafrechtlich relevanten Inhalte bereits unkenntlich gemacht habe. Ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt sei eingeleitet worden.
Das Zentrum für Demokratie, das die Arbeit gegen Rechtsextremismus im Kiez koordiniert, ist gerade erst dabei, die Räume gegenüber dem S-Bahnhof Schöneweide zu beziehen. Einweihung soll im Februar gefeiert werden. „Das Bezirksamt und unser Träger haben sich aus politischen Gründen ganz bewusst für den Standort zwischen dem S-Bahnhof Schöneweide und der Nazikneipe ‚Zum Henker‘ entschieden“, sagt Mitarbeiterin Kati Becker. „Wir wollen den Rechten nicht diesen Kiez überlassen, sondern von hier aus Veranstaltungen und Ausstellungen organisieren und für die Bürger antirassistische Demokratie erlebbar machen.“ Hans Erxleben vom bezirklichen Bündnis für Demokratie spricht von einem bewussten Nazi-Anschlag auf das antirassistische Zentrum. „Sie wollen deutlich machen, dass sie den Kiez als ‚national befreite Zone‘ beanspruchen.“
Seit feststeht, dass das Zentrum für Demokratie die Räume bezieht, gab es bereits zwei Anschläge. Im November wurden nach Angaben des Zentrums für Demokratie die Fensterscheiben eingeschlagen. Zwei Wochen später demolierten Unbekannte eine Jalousie. Kati Becker: „Bisher war uns nicht klar, ob Rechtsextremisten dahinterstanden oder ob es bloßer Vandalismus war. Es gab keine rechten Schmierereien. Jetzt können wir davon ausgehen, dass unsere Räume bewusst im Fokus der rechten Szene stehen.“ Die Schmierereien, so Becker weiter, „unterstreichen die Wichtigkeit des Zentrums.“
Braune Hochburg
Nieder- und Oberschöneweide gelten als braune Hochburg. In der Brückenstraße öffnete 2009 die Nazikneipe „Zum Henker“. Sie dient laut Innenverwaltung als wichtiger Treffpunkt der rechten Szene auch über Berlin hinaus. Vor allem die rechten Netzwerke „Freie Kräfte“ und „Musik“ sowie die inzwischen verbotene Kameradschaft „Frontbann 24“ seien häufig Gäste gewesen, schrieb die Innenverwaltung im Sommer auf eine parlamentarische Anfrage der Linken. In der Kneipe und ihrem Umfeld wurden in den letzten Jahren immer wieder Straftaten durch Rechtsextreme begangen, neben Propagandadelikten und Verstößen gegen das Waffengesetz auch eine gefährliche Körperverletzung 2009, in deren Folge ein Zuwanderer erblindete. Auch das Wahlkreisbüro Gregor Gysis in der Brückenstraße ist häufig mit Nazisymbolen beschmiert worden. MARINA MAI