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Archiv-Artikel

NEBENSACHEN AUS STOCKHOLM VON REINHARD WOLFFMISSGLÜCKTER EINSTAND DER DEUTSCHEN BUNDESBAHN IN SCHWEDEN Chaos im Regionalverkehr

Die Deutsche Bahn hat ihren Einzug in Schweden gehalten. Am 12. Dezember 2010 übernahm eine schwedische DB-Regio-Tochter den Regionalverkehr in der Region Östergötland. „Seither herrscht vollständiges Chaos“, berichtet ein Lokführer der Lokalzeitung Norrköpings Tidningar.

Die gleichzeitig eingesetzten nagelneuen Züge haben nicht nur ihre Probleme mit dem Winterwetter, sie haben auch andere technische Feinheiten, die nicht funktionieren wollen: zum Beispiel ein Alkoholschloss, dass beim Atemtest manchmal auch dann nicht öffnet, wenn ein stocknüchterner Lokführer hineinpustet. Dann müsse schon mal mit dem Taxi ein „Ersatzbläser“ geholt werden, erzählt ein Insider.

Der DB-Einstand war vom ersten Tag an unglücklich. So musste gleich die in der Presse groß beworbene Jungfernfahrt wegen Schnees abgesagt werden. Seit Weihnachten verkehren fast gar keine Züge mehr und die PendlerInnen drängen sich in den ersatzweise eingesetzten Bussen. Man wolle einen „schnellen, zuverlässigen und komfortablen schienengebundenen Verkehr“ liefern, wirbt DB-Regio-Sverige auf ihrer Website.

Gerechterweise muss man sagen, dass nicht nur die DB ihre Probleme hat. Auch die anderen Bahngesellschaften, allen voran der ehemalige Monopolist SJ, wurden wieder einmal davon überrascht, dass es im Winter kalt ist und schneien kann. Dass ausgerechnet der Weihnachtsverkehr vollständig zusammenbrach, nahm zumindest Infrastrukturministerin Catharina Elmsäter-Svärd locker: Dann, so empfahl sie im Fernsehen, müssten die Leute, die unterwegs irgendwo liegen geblieben seien, Weihnachten eben an einem anderen Tag feiern.

Ob die Zerschlagung des alten Bahnsystems und die Folgen der Liberalisierung – es drängen sich nun rund 40 Akteure auf und um die Gleise – für das Chaos verantwortlich sind oder Elektronik und Winter grundsätzlich nicht zusammenpassen, darüber streiten die Experten.

Die einzige Bahngesellschaft, die pünktlich verkehrt, ist jedenfalls die kleine „Tågåkeriet i Bergslagen“. Sie fährt mit Loks und Wagen aus den siebziger Jahren und pflegt nach Auskunft ihres Chefs einen „konservativen“ Servicestil: Man unterhält das Gerät regelmäßig und wartet nicht, bis es auseinanderfällt.

Ab 10. Januar will die Deutsche Bahn in Östergötland wieder mit ihren Zügen fahren. Das hat sie jedenfalls angekündigt. Damit Schnee dabei nicht stört, hat das für den Gleisunterhalt zuständige „Trafikverket“ zum Schneeschieben jetzt zwei Museumsloks aus dem Eisenbahnmuseum in Gävle reaktiviert. Die sind über 60 Jahre alt und auch durch Winterwetter nicht zu stoppen.