DAVID DENK über GONZO
: Mit frohen Wünschen von Rex Gildo

Wollen Sie dieses Jahr mit einer guten Tat beenden? Dann spenden Sie an das Kolumnistengenesungswerk

Besonders in der Vorweihnachtszeit gehen Kolumnistenschicksale oftmals unter – das muss sich ändern: Es kann nicht sein, dass unsereins vor lauter Glühweinorgien und Geschenketerror kein Gehör mehr findet. Kurzer Test: Hallo? Ist da wer? Keine Antwort. Hab ich’s mir doch gedacht.

Na gut, dann wird das hier also erst mal ein therapeutisches Selbstgespräch. Vielleicht findet ja der eine oder andere Leser diesen Text an den Feiertagen und spendet – immer noch benommen von der Weihnachtsgans und gerührt von diesen Zeilen – den einen oder anderen Euro ans Kolumnistengenesungswerk.

Kolumnisten haben’s deswegen so schwer, weil ihnen ihr ganzes Leben als Material zur Verfügung steht. Klar macht Baumaterial allein noch kein Haus. Deswegen habe ich auch schon einige mögliche Themen verworfen:

1. die Postkarte im Schaufenster der Buchhandlung bei mir um die Ecke, auf der der Schlagersänger Rex Gildo in seinen besseren Jahren zu sehen ist, dazu der Aufdruck „Frohe Weihnachten, viel Fiesta und reichlich Hossa“. Für die Dummheit und den Zynismus meiner Mitmenschen wollte ich spontan mit einer Zwiebel-Kur büßen. Eine Woche nur Dinge zu essen, die Zwiebeln enthalten – auch zum Frühstück! –, erschien mir jedoch bald reichlich strapaziös. Und nicht zuletzt völlig sinnlos.

2. Außerdem hätte ich davon erzählen können, wie eine Hose von mir im Fundbüro des Bielefelder Hauptbahnhofs gelandet ist. Das Problem hier: Jede weitere Erläuterung würde die Geschichte ruinieren. Scheidet also auch aus.

3. Weil ich diese Kolumne im ICE auf dem Weg nach Köln schreibe (an dieser Stelle haben wir gerade Bielefeld Hbf verlassen – ohne meine Hose übrigens. Das Fundbüro ist am Wochenende geschlossen), dachte ich kurz darüber nach, ob man mit einem Protokoll dieser Reise nicht den grässlich inflationären Trend der Deutschlandreise-Bücher persiflieren könnte. So nach dem Motto: Hannover Hbf verlassen wir nach Aussage des Schaffners „mit wenigen Minuten Verspätung“. Sind Sie noch wach? Das kann und will ich Ihnen nicht zumuten – Sie hatten genug Stress in den letzten Tagen: Basar in den drei Schulen Ihrer fünf Kinder, noch einen im Kindergarten und zuletzt die Weihnachtsfeier in der Firma.

Womit eine mustergültige Überleitung zum Thema meiner letzten Kolumne in diesem Jahr gelungen wäre. Eine Punktlandung. Bevor ich von der taz-Weihnachtsfeier berichte, muss ich Ihnen – auch im Namen der Chefredaktion – das Versprechen abnehmen, ihr Abo bitte bitte nicht wegen dieser Kolumne und den in ihr enthaltenen Informationen über das Innere Ihrer Lieblingszeitung zu kündigen. Versprochen? Super. Dann kann’s ja losgehen:

15 Erkenntnisse, die von der taz-Weihnachtsfeier 2006 geblieben sind:

1. Manche KollegInnen verwechseln die Weihnachtsfeier mit einer Konfirmation – ihrer eigenen. 2. Das muss man verstehen: Wann soll ein taz-Redakteur seinen Anzug sonst tragen? 3. Das Buffet hielt länger als erwartet. 4. Der DJ war eine Katastrophe. 5. Oder es war große Kunst, von „Self Esteem“ zu „Maniac“ zu wechseln? 6. Je länger man nicht mehr getanzt hat, desto ausgelassener ergreift man jede Gelegenheit. 7. Wer sind all diese Leute? 8. Je später der Abend, desto schöner die Gäste – so’n Quatsch. Es muss heißen: Je später der Abend, desto wärmer das Bier. Und: Je wärmer das Bier, desto egaler. Oder so ähnlich. 9. Die Chefredakteurin trinkt ihren Wein gern sehr kalt. 10. Mit manchen KollegInnen noch nie gesprochen zu haben ist kein Verlust. 11. Die KollegInnen, mit denen man sich gern mal unterhalten hätte, sind entweder gar nicht erst gekommen oder schnell wieder weg oder dauernd besetzt. 12. Irgendwann will man eh mit keinem mehr reden. 13. Billiger Wodka taugt höchstens zum Mischen. 14. Wenn die ersten KollegInnen rührselig werden, hätte man vor einer halben Stunde gehen sollen. 15. Und das Beste daran: Diese Liste kann man nächstes Jahr einfach noch mal drucken. Jetzt aber erst mal: Frohes Fest!

Fragen zur Feier? kolumne@taz.de Morgen: Arno Frank über GESCHÖPFE