: Drei Monate Zeit, bis der Gasherd nicht mehr brennt
ENERGIE Die ukrainische Politik beruhigt die Bevölkerung: Vorläufig reichen die Vorräte. Gegenseitige Vorwürfe der Parteien
BERLIN taz | Müssen die Ukrainer beim nächsten Kälteeinbruch frieren? Fehlt demnächst das Gas zum Kochen? Die Politiker tun alles, um solche Befürchtungen zu zerstreuen. Der ukrainische Minister für Energie und Kohleindustrie, Jurij Prodan, versicherte am Montag, dass die Ukraine vorbereitet sei: „Noch haben wir mehr als 13,5 Milliarden Kubikmeter Gas auf Vorrat gespeichert. Wir kümmern uns weiterhin gemeinsam mit der EU-Kommission um die Erhöhung von Gaslieferungen aus Europa.“ Der Vorrat dürfte für knapp drei Monate reichen. Im Jahr 2010 verbrauchte die Ukraine rund 52,1 Milliarden Kubikmeter Gas.
2010 lag die Ukraine auf Platz 14 der Gasverbraucher weltweit. Das Land gehört zu den größten Energieverbrauchern Europas. 27,4 Prozent werden aus Kohle erzeugt, etwa 20 Prozent aus Erdgas, 47,5 aus Atomenergie und 5 aus Wasserkraft.
Prodan warf Gazprom vor, kein wirkliches Interesse an einem Kompromiss gehabt zu haben. Stattdessen habe Moskau eine Eskalation eingeplant. Gazprom gefährde mit dem Gasstopp „nicht nur die Sicherheit der Ukraine, sondern auch die der EU-Länder“, sagte Prodan.
Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedjew warf der Ukraine umgekehrt vor, eine künstliche Gaskrise geschaffen zu haben: „Der Ukraine wurden besonders günstige Konditionen geboten, selbst im Vergleich zum Freundschaftspreis unter Expräsident Wiktor Janukowitsch“, sagte er. Kiew aber habe sich auf die Vorschläge nicht eingelassen und so eine künstliche Gaskrise geschaffen. „Das riecht nach Erpressung“, sagte Medwedjew.
Gazprom-Chef Miller versprach den Europäern, dass keine Engpässe bei den Lieferungen zu befürchten seien und der ukrainische Konzern Naftogaz einen Gastransit nach Europa sicherzustellen habe.
Sowohl Russland als auch die Ukraine reichten derweil Klagen beim Stockholmer Schiedsgericht ein. Gazprom fordert von der Ukraine noch ausstehende Zahlungen in Höhe von rund 4,5 Milliarden US-Dollar. Die Ukraine verklagte Gazprom wegen des zu hohen Gaspreises. Kiew fordert außerdem angeblich überschüssige Zahlungen von Russland zurück. LJUBA NAMINOVA