Familienstreit vor Gericht
: Die Richter sind die Falschen

Wenn etwas in der Gesellschaft schief läuft, dann landet es irgendwann vor Gericht. Immer öfter jedenfalls. Dafür sind Richter und Gerichte auch da, jedenfalls wenn rechtliche Grenzen von der Politik unklar gezogen sind oder wenn klare Grenzen von Einzelnen verletzt werden.

Kommentar von Klaus Wolschner

Im Falle der verfeindeten türkischen Familien ist das juristisch fassbare Problem eigentlich nur die Oberfläche. Klar, jede Körperverletzung ist ein Fall für den Richter – auch in einem türkischen Familienstreit muss der Staat an sein Gewaltmonopol erinnern.

Aber was ist überhaupt der Gegenstand des Familienstreits? Das wäre die eigentlich spannende Frage. Wie kann es dazu kommen, dass ein Mann 15 Jahre mitten in Bremen in einer Parallelgesellschaft lebt, in der man nicht einmal ein paar Brocken deutsch lernt? Sozialarbeiter mit Türkisch-Kenntnissen müssten losgeschickt werden, um das zu ergründen. Und könnten dann Vorschläge machen, welche Schlüsse eine Sozialpolitik ziehen müsste, die das Wort Integration ernst nimmt.

Die Richter mit ihrem Dolmetscher haben keine Chance, dem Problem wirklich auf den Grund zu gehen. Es ist auch nicht ihre Aufgabe. Dennoch sind sie die einzigen, die sich konkret damit befassen.