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Archiv-Artikel

„Selbst die Polizei ist unzufrieden“

Simbabwes katholischer Erzbischof Pius Ncube über den allmählich zunehmenden Protest gegen Präsident Robert Mugabe und die Perspektiven der Opposition

taz: Erzbischof Ncube, Teile von Simbabwes Regierungspartei Zanu-Pf wollen die Verfassung ändern, um das Mandat von Robert Mugabe auf zwei weitere Jahre bis 2010 zu verlängern und damit auch Neuwahlen zu verschieben. Was sagen Sie dazu?

Ncube: Das ist keine Überraschung. Mugabe ist machthungrig. Er wird bald 83 und hat über die Jahre schon oft erklärt, dass er das letzte Mal kandidiert, aber hat es nicht eingehalten. Ihm ist klar, was mit Diktatoren geschieht. Wir haben es mit Pinochet, Mengistu und anderen erlebt. Mugabe fürchtet die Konsequenzen seiner Taten.

Die Partei hat sich auf die Verlängerung zunächst aber nicht geeinigt. Wie tief ist der parteiinterne Machtkampf?

Robert Mugabe verdrängt jeden, der Ambitionen auf die Präsidentschaft hegt. Er ist ein großes Hindernis für seine eigene Partei.

Einst wurde Mugabe als Befreiungsheld gefeiert. Was ist schiefgegangen?

Macht korrumpiert. Mugabe hat Gräueltaten begehen lassen und Fehler gemacht. Lasst uns von den guten afrikanischen Führern lernen wie Nyerere und Mandela. Sie haben auch Fehler gemacht, konnten jedoch zugeben, wo sie geirrt haben. Aber Mugabe ist ein Verräter. Er hat die Nation gebildet nach der Befreiung, jetzt gibt er das Land an die Chinesen, einige Farmen und Firmen eingeschlossen. Doch der Osten ist hier aus Eigeninteresse, der Westen hingegen will die Menschen stärken und gibt Hilfe gegen Hunger und Aids.

Commonwealth-Generalsekretär Don McKinnon hat gesagt, alle Versuche von außen, Simbabwe aus der Krise zu helfen, seien gescheitert. Was kann noch getan werden?

Der internationale Druck muss bestehen bleiben. Viele afrikanische Regierenden sind hoffnungslos korrupt, wie Mugabe. Sie wollen nicht, dass Mugabe mit Steinen auf ihr Glashaus wirft, wenn sie ihn stärker kritisieren. Die Machthaber hier in Afrika haben versagt. Sanktionen gegen Simbabwe wären nicht ratsam, die Menschen würden nur noch mehr leiden. Es besteht auch eine internationale Mugabe-Müdigkeit. Er hat ein weites Netz der Unterstützung in der Region geschaffen. Wir müssen Simbabwer besser erziehen, damit sie gegen ihre politischen Führer aufstehen. Selbst die Polizei, die blind und brutal den Anordnungen folgt, ist unzufrieden. Einige gaben mir gegenüber privat zu, wenn sie aufbegehren, verlieren sie ihren Job.

Simbabwes Oppositionspartei MDC (Bewegung für demokratischen Wandel) ist gespalten, desolat und praktisch ohne Führung. Gibt es Zeichen einer Einigung und Stärkung beider Fraktionen in der Partei?

MDC-Gründer Morgan Tsvangirai könnte seine Fehler zugeben und die Partei wieder vereinen. Er wird mehr tun müssen. Als 2005 bei der staatlichen „Operation Murambatsvina („Müllentsorgung“ – gewaltsamer Abriss von Slumsiedlungen im Mai 2005) 700.000 Menschen ihre Unterkünfte und Habe verloren, tat Tsvangirai nichts. Es herrscht ein Mangel an Vision. Wir könnten eine neue Bewegung starten. Aber die Menschen sind demoralisiert in Simbabwe, sie haben alles verloren, Geld, Besitz. Massenprotest wäre trotz des Polizeiterrors noch möglich, wenn wir den Menschen mehr Zuversicht geben könnten. Aber wir müssen die Hoffnung bewahren. Wenn wir eine gute Opposition hätten, müsste ich nicht sprechen. Aber auch ich entferne mich schon zu oft von meiner eigentlichen Arbeit und wurde zum Regime-Kritiker, weil Mugabe versucht, den Raum für Demokratie zu vernichten. Ein Herauszögerung der Wahlen ins Jahr 2010 gibt der Opposition allerdings die Möglichkeit, sich bis dahin zu finden.

INTERVIEW: MARTINA SCHWIKOWSKI, JOHANNESBURG