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Archiv-Artikel

Australischer Müll für NRW

Weil die Leute down under gegen Entsorgung protestierten, wird HCB jetzt exportiert

DÜSSELDORF taz ■ Noch lagert die brisante Fracht in Australien, demnächst soll sie nach Deutschland verschifft werden: 22.000 Tonnen mit dem hochgiftigen Hexachlorbenzol (HCB) belastete Abfälle. Ein Vorgang, der schon etwas „ärgerlich“ sei, so der nordrhein-westfälische Umweltminister Eckhard Uhlenberg. Und er wolle auch „deutlich sagen“, dass die Landesregierung dagegen sei. „Australischen Sondermüll in Nordrhein-Westfalen: Kein Mensch will das“, sagte der Christdemokrat in der gestrigen Sitzung des Umweltausschusses des Düsseldorfer Landtags. Aber leider gebe es genehmigungsrechtlich keine Handhabe, das Geschäft noch zu verhindern.

Der gefährliche Abfall stammt von dem umsatzstärksten australischen Chemieunternehmen Orica. Der Konzern stellt vorrangig Anstrichfarben, Sprengstoffe, Düngemittel und Bergbau-Chemikalien her, darunter auch Zyanid für den Goldabbau. Das HCB stammt aus einer ehemaligen Produktionsstätte im südlich von Sydney gelegenen Botany Bay. In Down Under gebe es keine geeigneten Verbrennungsanlagen, um den Giftmüll zu entsorgen, heißt es in dem Orica-Exportantrag. Der Bau einer entsprechenden Verbrennungsanlage sei leider am anhaltenden Protest der Bevölkerung gescheitert. Zum Glück gibt es jedoch Deutschland.

Das zur Gruppe der Organochlorverbindungen gehörende HCB gehört zu jenen organischen Ultragiften, die die Stockholmer Konvention 2001 weltweit verbot. Früher wurde HCB in der Arzneimittel- und Düngemittelproduktion, als Pflanzenschutz- und Desinfektionsmittel und auch zur Herstellung chlorierter Lösemittel eingesetzt. Es steht in starkem Verdacht, erbgutverändernd und krebserzeugend zu wirken. In der Bundesrepublik ist es bereits seit 1981 nicht mehr zugelassen.

Jetzt kommt es im Frühling zurück nach Deutschland: HCB-Zielhafen ist Brunsbüttel. In der dortigen Sonderabfallverbrennungsanlage, die zum Abfallkonzern Remondis gehört, soll vor allem der hoch mit HCB belastete Müll verbrannt werden, rund 10.000 Tonnen. Der Rest soll dann ins Leverkusener Bayerwerk gebracht und von dort mit Lastwagen verteilt werden: 5.600 Tonnen in die Bayer-Verbrennungsanlagen Dormagen und Leverkusen-Bürrig, 5.000 Tonnen ins Rohstoffrückgewinnungszentrum in Herten.

Für Umweltverbände ein Skandal: Nordrhein-Westfalens BUND und die Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) fordern in einem Brief Minister Uhlenberg auf, die für die Genehmigung zuständigen Bezirksregierungen anzuweisen, den Giftmüllimport zu unterbinden. Nordrhein-Westfalen dürfe nicht „zum Müllklo des gesamten Globus werden“, so BUND-Sprecher Dirk Jansen. Protest kommt auch von den Grünen: „Es ist nicht hinnehmbar, dass eine dicht besiedelte Region wie NRW, die bereits eine hohe Umweltbelastung aufweist, zum Ziel internationaler Giftmülltransporte wird“, empört sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtags-Grünen, Johannes Remmel.

PASCAL BEUCKER