piwik no script img

Archiv-Artikel

„Ein frischer Wind“

RELIGIONEN Der Bremer Sikh-Tempel, am Flughafen gelegen, lädt am Samstag zum Tag der offenen Tür

Paul Wunder

■ 20, war Schüler auf dem Gymnasium Hamburger Straße und studiert jetzt Asienmanagement.

taz: Herr Wunder, Ihr Sikh-Tempel veranstaltet zum ersten Mal einen Tag der offenen Tür. Wie viele der weltweit 23 Millionen Sikhs leben in Bremen?

Paul Wunder: 500 bis 600. In jüngerer Zeit sind viele Studierende aus den USA oder Australien dazugekommen und Leute, die etwa bei Airbus arbeiten. Dadurch ist ein frischer Wind in die Gemeinde gekommen.

Die Sikh-Religion wurde vor 600 Jahren von dem Wanderprediger Guru Nanak gegründet, hier überwiegen bekanntlich die Anhänger des Wanderpredigers Jesus. Sind Sie als deutscher Sikh ein Exot in Ihrer Gemeinde?

In gewisser Weise schon. Ich bin über ein Yoga-Festival auf die Idee gekommen, für die letzten beiden Schuljahre in ein indisches Sikh-Internat zu gehen. Das fand ich viel spannender als eine verstaubte deutsche Oberstufe. Dort bin ich quasi nebenbei Sikh geworden.

Können Sie dem Gottesdienst sprachlich folgen?

Wenn ich die Augen schließe und den gesungenen Texten lausche, habe ich schon den Eindruck, den Inhalt der Texte fühlen zu können.

Samstag gibt es Präsentationen und kostenlose vegetarische Küche. Aber sagt nicht der Guru Granth Sahib: „Die Narren streiten über Fleisch“ – und zitiert den „Brauch der Götter, Rhinozerosse zu töten“?

Die Fleischfrage ist in der Tat ein ganz sensibler, schwieriger Punkt bei uns.

Granth Sahib sagt sogar: „Jene, die auf Fleisch verzichten, (...) üben sich in Heuchelei und stellen sich vor anderen zur Schau, verstehen aber rein gar nichts von spiritueller Weisheit.“

Da ist sicher etwas dran. Es gibt eben keine reine Wahrheit und der Sikhismus ist keine Religion des blinden Glaubens – eher des scharfen Hinterfragens.

INTERVIEW: HENNING BLEYL

Offene Tür: Samstag von 11 bis 14 Uhr, Georg-Wulf-Straße 79 c