: Die Tricks der Richter
Mit zahlreichen Kniffen und Maßnahmen versucht Karlsruhe sich aus dem Griff rechtssuchender BürgerInnen zu befreien.
Liegenlassen von Verfassungsbeschwerden: Je nach Perspektive besonders pfiffig oder besonders perfide ist es, Verfassungsbeschwerden, die sich auf in Zukunft eintretende Gefahren beziehen, erst einmal liegen zu lassen und darauf zu spekulieren, daß diese nicht eintreten.
Verweis auf die Fachgerichte: Zum Verfassungsgericht kommt in der Regel nur, wer den normalen Rechtsweg über Straf-, Zivil- oder Verwaltungsgerichte durchwandert hat.
Auch diese Gerichte sind an die Grundrechte gebunden. Daran erinnert sie das Verfassungsgericht hin und wieder zur eigenen Entlastung.
Fahrlässig ist der Verweis auf die Verantwortung der einfachen Gerichte im Asylrecht, auf das sich knapp ein Fünftel aller Verfassungsbeschwerden bezieht. Dort ist der Rechtsweg so ausgedünnt, daß das Verfassungsgericht faktisch die einzige Berufungsinstanz darstellt.
Mißbrauchsgebühr: Eigentlich ist das Verfahren vor dem Verfassungsgericht kostenfrei. Bei „mißbräuchlicher“ Einlegung von Verfassungsgsbeschwerden kann aber eine Gebühr von bis zu 5.000 Mark verhängt werden. Wann ein „Mißbrauch“ vorliegt, ist unklar.
Nichtannahme: 1995 wurden 4.490 Verfassungsbeschwerden erst gar nicht zur Entscheidung angenommen. Dies entschieden sogenannte „Kammern“, die jeweils mit drei RichterInnen besetzt sind. In 3.988 Fällen erhielten die KlägerInnen nicht einmal eine Begründung.
Nicht angenommen werden Verfassungsbeschwerden, denen die RichterInnen weder grundsätzliche Bedeutung noch Aussicht auf Erfolg zumessen. Ein solches Nichtannahmeschreiben erhielten jüngst etwa die Eltern des in Bad Kleinen erschossenen RAF-Angehörigen Wolfgang Grams. Sie wollten einen Prozeß gegen die vermeintlichen Täter aus den Reihen der GSG 9 erreichen. Christian Rath
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