CIA-Komplott gegen Saddam gescheitert

■ Die US-Regierung will geflohene Dissidenten per Luftbrücke retten

Berlin (taz) – Furcht und Angst, Brutalität und Grausamkeit prägen das Regime des irakischen Diktators Saddam Hussein. Aber ebenso wie seine Untertanen muß auch der vermeintlich starke Mann am Golf jederzeit um sein Leben fürchten. Doch während Tausende seiner Widersacher seit dem Golfkrieg ihre Opposition gegen Saddam tatsächlich mit dem Leben bezahlen mußten, hat Saddam noch jeden Mordversuch und jedes Komplott überlebt.

Das jüngste datiert vom Sommer dieses Jahres, wie US-amerikanische Geheimdienstquellen und die involvierten irakischen Widerstandsgruppen in dieser Woche bestätigten. Laut diesen Quellen hat Saddams Regime Ende Juni damit begonnen, Mitglieder der „Irakischen Nationalen Übereinkunft“ zu liquidieren. Die von der CIA finanzierte und logistisch unterstützte Organisation hat ihr Hauptquartier in Amman. Der Führung gehören sowohl schiitische als auch sunnitische Muslime an. Sie verfügte über Verbindungen zur Armee.

Dies würde die Gerüchte erklären, daß Saddam im Juni dieses Jahres eine unbekannte Zahl von irakischen Offizieren hat liquidieren lassen, nachdem es Saddams Abwehr nach US-Angaben gelungen war, eigene Agenten in diese Gruppe einzuschleusen. Laut einer Erklärung des „Nationalen Übereinkunft“ vom August wurden nicht nur Zivilisten der Gruppe, sondern auch „Brüder in der Luftwaffe sowie in den Sicherheitsdiensten“ verhaftet und umgebracht. Dieser Gruppe waren von der CIA die größten Chancen eingeräumt worden, Saddam zu beseitigen.

Die zweite Organisation, die die CIA mit Millionenbeträgen gefördert hat, ist der „Irakische Nationalkongreß“, der in der Mehrheit von Kurden geführt wird. Diese Gruppe hatte ihr Hauptquartier in Arbil. Nach der Eroberung der Stadt durch irakische Truppen und den Milizen von Kurdenführer Barzani wurde die Basis der Organisation faktisch aufgerieben. Dutzende Mitglieder wurden von Saddams Geheimdienst noch in Arbil umgebracht. Rund 200 Personen sollen sich ins nördlichere Salahuddin gerettet haben.

Nach CIA-Angaben reichte der Einfluß dieser Gruppe nicht über die nördlichen Kurdengebiete im Irak hinaus. Ihr gehörten ursprünglich Mitglieder beider rivalisierenden Kurdenparteien im Irak an. Aufgrund der innerkurdischen Auseinandersetzungen war die Gruppe nach CIA-Angaben seit Monaten weitgehend paralysiert.

Rund 2.000 der kurdischen und irakischen Dissidenten konnten sich in den vergangenen Tagen an die türkische Grenze retten. Nach längerem Gezerre erklärte sich die US-Regierung vorgestern bereit, die Flüchtigen aus dem Irak auszufliegen.

Der Sprecher des State Department, Nicholas Burns, bestätigte entsprechende Verhandlungen mit der türkischen Regierung. Die USA wollen hierzu Hubschrauber einsetzen, die in der US-Basis Incirlik in der Türkei stationiert sind.

Mit der faktischen Ausschaltung der beiden Gruppen hat Saddam der CIA einen kräftigen Rückschlag versetzt. Von daher ist es wenig verwunderlich, daß das Pentagon jetzt wieder auf größere militärische Strafaktionen setzt, um den irakischen Erzfeind aus dem Sattel zu heben. Georg Baltissen