20 Prozent benachteiligte Wessis

■ Bundesregierung und EU einigen sich bei Förderung der strukturschwachen Gebiete in Deutschland. Die neuen Länder bleiben voll subventionsfähig. Minister Rexrodt sieht sich nicht als "Europameister"

Berlin (taz/dpa) – Der „Europameister der Subventionen“ sei Deutschland geworden, grummelten Mitglieder der Europäischen Kommission in Brüssel diese Woche. Nach VW in Sachsen, der Buna-Leuna-Raffinerie oder den versickerten Milliarden für die Vulkan-Werften haben die EU-Kommissare ein Auge auf die Gaben der diversen deutschen Regierungen für die Wirtschaft geworfen.

Am Mittwoch konnte der deutsche Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) einen Kompromiß mit der EU bekanntgeben: Ostdeutschland bleibt weiterhin als Ganzes samt Westberlin benachteiligtes und damit förderungswürdiges Gebiet. In den alten Bundesländern gelten Städte und Kreise mit 13,25 Millionen BewohnerInnen – also 20,8 Prozent der Bevölkerung – als förderungswürdig, weil wirtschaftlich in einer Problemgegend wohnend. 700 Millionen Mark kassieren Unternehmen für Ansiedlungen im Westen pro Jahr, 6,5 Milliarden gehen in den Osten.

Diese Strukturförderung nennt sich offiziell „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GA). Im alten Westen waren damit die Zonenrandgebiete abgedeckt, aber auch sonstige drohende Industriebrachen wie Ostfriesland, Teile des Ruhrgebiets, das Saarland oder die Pfalz. Kleine und mittlere Unternehmer erhalten bis zu 28 Prozent Förderung bei Investitionen, große maximal 18. In den neuen Ländern geht der Zuschuß bis zur Hälfte der investierten Summe.

Eigentlich hatten Bund und Länder Anfang Juli beschlossen, die Förderung auf 22 Prozent der Wessis auszudehnen. Die EU- Kommission forderte hingegen einen Rückgang auf 18 Prozent. Nach einigen Verhandlungen blieb nun bei den Zahlen alles beim alten. Die Gebiete jedoch hatten sich schon bei der geplanten Erweiterung vom Juli leicht verändert: Eigentlich ging es allen schlechter als bei der letzen Erhebung Anfang der Neunziger. Einige Landstriche, die früher nicht als sehr strukturschwach galten, haben jedoch eine rasante wirtschaftliche Talfahrt hinter sich. So verdrängten Regionen wie Wolfsburg, Mönchengladbach, Kaiserslautern oder Schweinfurt Gebiete wie die Lüneburger Heide, Teile der Pfalz oder Bayerns aus der GA-Förderung.

Den „Europameister der Subventionen“ wies Rexrodt zurück. Immerhin stehe die Bundesrepublik innerhalb der vier großen EU- Nationen bei den Subventionen erst an dritter Stelle: Während Italien mit neun Prozent seiner Wertschöpfung die Industrie fördert, Frankreich immerhin noch mit drei, gäben sich Deutschland mit 2,1 und Großbritannien mit 1,55 Prozent eher bescheiden. rem