piwik no script img

Alles bleibt in der Familie, und der Senat stimmt zu

■ Technologiepark Adlershof: Mutter- und Tochtergesellschaften schanzten sich mit Billigung des Senats millionenschwere Aufträge zu. Grüne: „Selbstbedienung“

Der Technologiepark Adlershof existiert bislang nur auf dem Papier und macht trotzdem schon Negativschlagzeilen. Die baupolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Claudia Hämmerling, bezeichnet die Vorgänge bei der Erschließung des Entwicklungsgebietes als „Wirtschaftsfilz in reinster Ausprägung“. Der baupolitische Sprecher der SPD, Michael Arndt, ist der gleichen Auffassung. Er drückt es nur etwas vorsichtiger aus, indem er von einer „sehr unglücklichen Verknüpfung der Geschäfte spricht“.

Hintergrund ist, daß die mit der Erschließung des riesigen Geländes beauftragte Entwicklungsgesellschaft BAAG (Berlin-Adlershof Aufbaugesellschaft mbH) Aufträge im Wert von rund 14 Millionen Mark der eigenen Muttergesellschaft sowie diversen Schwestergesellschaften zugeschanzt hat. Allerdings nicht klammheimlich, sondern mit offenkundiger Billigung des Senats. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch, so Claudia Hämmerling, sind In-sich-Geschäfte von Unternehmen eigentlich nicht zulässig. In dem zwischen der BAAG und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz 1993 geschlossenen treuhänderischen Vertrag sei ausdrücklich vereinbart worden, daß Aufträge an Tochterunternehmen vergeben werden können. „Dieser Passus“, so Hämmerling, „kommt einer Aufforderung zur Selbstbedienung gleich.“

In seiner Antwort auf die kleine Anfrage der Bündnisgrünen hat Bausenator Jürgen Klemann (CDU) eine Verflechtung der mit der Entwicklungsplanung befaßten Firmen bestätigt. Die BAAG ist eine 100prozentige Tochter der FAAG. Letztere ist mit der vorbereitenden Projektsteuerung des zukünftigen S-Bahnhofes sowie Baubetreuungsaufgaben beauftragt worden. Das Auftragsvolumen beträgt 7,4 Millionen Mark. Die mit der Bauleitplanung beauftragte Firma USC – eine 100prozentige Tochter der FAAG – hat dafür 4,1 Millionen Mark erhalten. Auch an der mit der Verkehrsplanung befaßten Firma AS&P (Auftragsvolumen 2,4 Millionen Mark) ist die FAAG beteiligt.

Petra Reetz, Sprecherin im Hause Klemanns, erklärte auf Nachfrage, die Verflechtung der Firmen sei vom Senat explizit gewollt, um die Konflikte bei der Entwicklung von Europas künftigem größten Technologiepark möglichst klein zu halten. Die Erfahrung habe gezeigt, „daß es sehr viel teurer wird“, wenn das Land Berlin die Streitigkeiten von Einzelunternehmen „austragen muß“. Auch formalrechtlich, so Reetz, sei den Verantwortlichen kein Vorwurf zu machen.

Der baupolitische Sprecher der SPD, Michael Arndt, wirft dem Land Berlin vor, mit der Billigung dieses Unternehmensgebarens „Steuermittel zu verschleudern“. Kostengünstigere Angebote von Konkurrenzfirmen würden dadurch ausgeschaltet. Arndt forderte den Senat auf, die Zustimmung zu diesen In-sich-Geschäften zurückzuziehen. Er verwies in diesem Zusammenhang auf einen entsprechenden Beschluß des Hauptausschusses vom Sommer 1996 zum Entwicklungsträger Adlershof. Die Aufträge der mit der BAAG verwandten Firmen müßten auf ein Minimum reduziert werden. „Wenn dem nicht so ist“, drohte Arndt, „ist das ein Politikum.“ Plutonia Plarre

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen