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Höchste Zeit für eine Annäherung an Kuba

■ In der Union mehren sich die Stimmen, die eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Kuba fordern. Staatliche Entwicklungshilfe soll Reformen ankurbeln

Bonn (taz) – In der Regierungskoalition mehren sich die Befürworter deutscher Entwicklungshilfe an Kuba. Auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion hat sich der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung des Bundestages am Mittwoch dafür ausgesprochen, auf Kuba die „Entwicklungszusammenarbeit mit staatlichen Geldern zu verstärken“. „Durch politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit können wir am ehesten einen demokratischen Wandel bewirken“, sagte Ausschußmitglied Armin Laschet. Der CDU-Abgeordnete gehörte der Ausschußdelegation an, die im August 1996 eine mögliche Entwicklungszusammenarbeit mit Kuba überprüfte. Die Empfehlung des Ausschusses wird auch von Caritas International, Brot für die Welt und der Deutschen Welthungerhilfe unterstützt. „In der Praxis verlieren ideologische Grabenkämpfe an Bedeutung“, weiß Wolfgang Gerstner, Lateinamerikareferent bei Caritas International in Freiburg. Die katholische Hilfsorganisation versucht auf der Zuckerinsel seit zehn Jahren, soziale Errungenschaften im Bereich Altenpflege zu erhalten. Gerstner plädiert für eine sachliche Diskussion: „Es geht nicht darum, ob die Entwicklungshilfe politische Änderungen fördert, sondern darum, daß die sozialen Einrichtungen in Kuba an sich förderungswürdig sind.“ Auch die CSU-nahe Hanns- Seidel-Stiftung, die in Kuba Seminare über „partizipative Demokratie“ organisiert, hat gute Erfahrungen gemacht. „Entwicklungspolitische Veränderungen kann man nur herbeiführen, wenn man von innen mitwirkt“, lautet die Überzeugung von Dietmar Ehm, Lateinamerikareferent der Stiftung.

Die Stiftung fördert kontroverse Diskussionen zwischen Regierungsmitgliedern, Nichtregierungsorganisationen und Exilkubanern. Ein Mitarbeiter der Stiftung berät zudem die kubanische Regierung bei der Ausarbeitung eines Immobilienrechts, das angesichts des wachsenden Tourismus notwendig erscheint. Nach jetziger Gesetzeslage muß das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) die Zusammenarbeit mit Kuba „so gestalten, daß daraus keine Unterstützung der dortigen Diktatur verstanden werden kann“. Doch kein Verbot ohne Hintertür. Kleinere Maßnahmen, die dem Reformprozeß zugute kämen, seien nicht ausgeschlossen, heißt es in einem internen Papier des Ministeriums. Heinrich Dehn, Referatsleiter im BMZ, räumte ein, daß die Kriterien für die deutsche Entwicklungshilfe „nicht immer einheitlich“ seien.

Manfred Hochwald von der Deutschen Welthungerhilfe, die auf Kuba ein erfolgreiches Projekt für Rinderzucht betreibt, vermutet, daß der politische Druck aus den USA für die deutsche Haltung gegenüber Kuba verantwortlich ist. Hochwald setzt auf die langfristige politische Überzeugungsarbeit von Ingeborg Schäuble. Die Vorsitzende der Deutschen Welthungerhilfe, Ehefrau des CDU/ CSU-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Schäuble, sei eine Vorkämpferin für die staatliche Entwicklungszusammenarbeit mit Kuba.

„Das politische Klima für eine Normalisierung ist günstig wie nie“, meinen die Ausschußmitglieder Armin Laschet und Wolfgang Schmitt von den Grünen. Nach seiner Wiederwahl bräuchte US-Präsident Bill Clinton weniger Rücksicht auf reaktionäre Exilkubaner zu nehmen. Außerdem ginge von dem für Januar 1998 geplanten Papstbesuch schon jetzt eine Signalwirkung aus. Laschet: „Nur Entwicklungsminister Spranger ist noch gegen staatliche Entwicklungshilfe für Kuba.“ Astrid Prange

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