Expolizeichef bei SFOR-Einsatz in Bosnien getötet

■ Friedenstruppe macht in Prijedor Jagd auf mutmaßliche serbische Kriegsverbrecher. Krankenhauschef verhaftet. Biljana Plavšić fordert Freilassung

Sarajevo/Belgrad (AFP/AP/ rtr) – Die Nato-geführte Friedenstruppe SFOR in Bosnien hat gestern im serbischen Teil des Landes einen Einsatz zur Festnahme mutmaßlicher Kriegsverbrecher durchgeführt. Wie der unabhängige Rundfunksender Radio-Big im nordwestlichen Banja Luka berichtete, seien dabei der ehemalige Polizeichef von Prijedor, Simo Drljaca, sowie sein Fahrer getötet worden. Außerdem seien Drljacas Sohn und sein Schwager, der Leiter des örtlichen Krankenhauses, Mirko Kovacević, festgenommen worden. Dem britischen Außenminister Robin Cook zufolge erlitt ein britischer Soldat bei der Aktion einen nicht lebensgefährlichen Beinschuß.

Drljaca soll 1992 die Muslime und Kroaten aus der Stadt vertrieben haben. Er wird zudem für die Errichtung eines Lagers im Raum Prijedor verantwortlich gemacht, in dem Muslime gefoltert und getötet wurden.

Sein Name steht nicht auf der offiziellen Liste der vom UN- Kriegsverbrechertribunal in Den Haag gesuchten Personen. Das bestätigte der Sprecher des Gerichts, Christian Chartier. Allerdings hat das Tribunal auch eine unbekannte Zahl von mutmaßlichen Kriegsverbrechern angeklagt, ohne dies öffentlich mitzuteilen. Ihre Anklagen werden geheimgehalten. Ob dazu auch Drljaca gehört, sagte Chartier nicht.

Auch Mirko Kovacević ist bislang nicht vor dem Den Haager Kriegsverbrechertribunal angeklagt worden. Nato-Oberbefehlshaber General George Joulwan bestätigte jedoch, daß Kovacević noch gestern dem Gericht überstellt werden sollte.

Auch vom Karadžić ergebenen Fernsehsender der bosnischen Serben wurde der Tod Drjlacas gemeldet. Ein Kommentator stellte eine Verbindung her zwischen der SFOR-Operation und dem Machtkampf zwischen Karadžić und der bosnisch-serbischen Präsidentin Biljana Plavšić. Karadžićs Anhänger werfen ihr vor, mit der SFOR zusammenzuarbeiten und damit die Interessen der bosnischen Serben zu verraten. Gestern nun setzte das Verfassungsgericht der bosnischen Serbenrepublik Plavšićs Ankündigung zur Auflösung des Parlaments von vergangener Woche vorläufig aus.

Plavšić verurteilte in einem offenen Brief an den SFOR-Oberkommandierenden, US-General William Crouch, die Tötung Drjlacas. Sie forderte die sofortige Freilassung von Kovacević. Sie fürchte schreckliche Reaktionen der Serben, für die sie keine Verantwortung übernehmen könne, hieß es in dem Schreiben.

In der Serbischen Republik in Bosnien sollen sich mehrere mutmaßliche Kriegsverbrecher versteckt halten, unter ihnen der ehemalige Serbenführer Radovan Karadžić und sein Armeechef Radko Mladić. Die US-Regierung hatte am Montag mitgeteilt, daß sie das serbische Mitglied im bosnischen Staatspräsidium, Momcilo Krajisnik, zur Auslieferung Karadžićs aufgefordert habe. Komme Krajisnik dieser Aufforderung nicht nach, müßten die USA über andere Optionen nachdenken.