■ Wer in flagranti im Musterschlafzimmer erwischt wird, darf sich wehren: Tumult im Möbelhaus
Mit einem pikanten Fall mußte sich das Mannheimer Amtsgericht neulich befassen: Ausgerechnet im Schlafzimmer seines Möbelhauses war der Besitzer in flagranti von seiner Frau erwischt worden. Der Betrüger reagierte handgreiflich gegenüber der aufgebrachten Gattin und mußte sich nun wegen Körperverletzung verantworten. Nach einer turbulenten Verhandlung entschied das Gericht, den untreuen Ehemann freizusprechen: Er habe nur von seinem Notwehrrecht Gebrauch gemacht.
Schon seit langem hegte die Frau den Verdacht, daß ihr Gatte es mit der ehelichen Treue nicht so genau nahm. Die enttäuschte Dame beauftragte daraufhin einen Privatdetektiv, der ihren Mann beschatten sollte. An dem Abend, der aktenkundig werden sollte, beobachtete der Schnüffler, wie nach Geschäftsschluß eine Blondine im Möbelhaus verschwand. Telefonisch erstattete er Bericht. Seine Mandantin wollte es nun genau wissen, ob ihr Mann sie, wie vermutet, mit ihrer besten Freundin betrüge. Gemeinsam mit dem Detektiv und ihren beiden erwachsenen Kindern schlichen sie in die Ausstellungsräume. Derweil hatte es sich das unbekleidete Liebespaar in einem elegant eingerichteten Musterschlafzimmer gemütlich gemacht. Mit wüsten Beschimpfungen wurden die beiden Liebenden aufgeschreckt.
Der Ertappte wurde handgreiflich und versuchte, seine Ehefrau abzudrängen. Sie wollte sich auf ihre Freundin stürzen, mit der sie noch vor zwei Stunden telefoniert hatte. Die Liebhaberin brachte sich verängstigt hinter dem Bett in Deckung. Der Sohn warf sich zwischen die Streitenden, um Schlimmeres zu verhindern. „Ich dachte, ich bin im Kino“, sagte der Detektiv vor Gericht. Er habe dem Ehemann Pfefferspray ins Gesicht gesprüht, als der seine Frau gewürgt habe.
Nach langem Gefecht verließen die Streithähne und -hennen das Möbelhaus. Die Betrogene ging sofort zum Ehemann ihrer Freundin und erzählte die trübe Geschichte. Der fiel aus allen Wolken und reichte die Scheidung ein. „Sie hat mich gestraft und in meiner Menschenwürde getroffen“, sagte die Geliebte, den Tränen nahe, vor Gericht über den Verrat.
Richter Thomas Palm hatte es nicht leicht. Den Vorwurf der Körperverletzung ließ er fallen, die vier seien widerrechtlich in das Möbelhaus eingedrungen und hätten die Privatsphäre des Angeklagten verletzt. Palm sprach von einem „rechtswidrigen Angriff“, der allerdings menschlich verständlich sei. Um die Attacke seiner Frau zu beenden, habe der Ehemann körperliche Gewalt anwenden dürfen. Das sei vom Notwehrrecht gedeckt. Der Staatsanwalt hatte dagegen eine Geldstrafe von 2.800 Mark gefordert. Das Verhalten des Angeklagten sei „nicht sittlich hochstehend“, vermerkte er in seinem Plädoyer.
Für schuldig befunden wurde der Geschäftsmann allerdings in einem anderen Punkt. Wegen falscher eidesstattlicher Versicherung muß er 2.250 Mark Bußgeld zahlen. Denn vor dem Familiengericht hatte er behauptet, die Jahre zuvor keine außerehelichen Beziehungen gehabt zu haben. Das war nachweislich falsch, wie eine andere frühere Geliebte versicherte. Als Beweis legte sie diverse Urlaubsbilder auf den Richtertisch: Die könne der Richter behalten. Sie wolle einen Schlußstrich ziehen, sagte die Zeugin. Ulrich Willenberg
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