Untersuchungsausschuß für Wühlarbeit und Effekthascherei

Berlin (taz) – Kaum hatten die Bonner Parlamentarier beschlossen, der skandalgebeutelten Institution mit einem Untersuchungsausschuß zu Leibe zu rücken, da formierte sich die Gegenwehr. Der zuständige Bundesminister verweigerte die Herausgabe interner Dokumente, die Betroffenen bildeten eine eigene „Task Force Untersuchungsausschuß“ mit dem Ziel, unliebsame Nachforschungen abzuwehren.

Das war vor drei Jahren – und die Institution im Fokus der Abgeordneten war damals die Treuhandanstalt. Noch ist nicht gesagt, daß sich Bundeswehr und Hardthöhe kooperativer verhalten werden, wenn 1998 die Mitglieder des Verteidigungsausschusses die rechtsextremistischen Vorgänge in der Truppe untersuchen.

Wegen der „besonderen Bedeutung der äußeren Sicherheit“ kann der Verteidigungsausschuß sich selbst zum Untersuchungsausschuß (UA) erklären, sofern dies ein Viertel seiner Mitglieder wünscht. In allen anderen Fällen bedarf ein UA der Zustimmung eines Viertels aller Bundestagsabgeordneten. Auf dem Verteidigungssektor waren zuletzt vor knapp zehn Jahren die Gründe für die Flugkatastrophe von Ramstein untersucht worden.

Während laut Grundgesetz die Aufgabe eines UA die Aufklärung bislang unbekannter Fakten ist, steht im politischen Alltagsgeschäft oft nicht die Wühlarbeit, sondern die Effekthascherei im Mittelpunkt: Kaum ein Gremium ist öffentlichkeitswirksamer, weil skandalträchtiger.

So gehört die Forderung nach Einsetzung eines UA zu den Bonner Beiß-Reflexen, wann immer sich der politische Gegner eine Blöße gibt. Da forderte etwa CSU-Mann Michael Glos einen UA, weil die Witwe Willy Brandts im Schreibtisch ihres verstorbenen Mannes Notizzettel fand, wonach Herbert Wehner Ost-Spion gewesen sei.

Das zentrale Handikap des Ermittlungsgremiums ist juristischer Natur. Dem Ausschuß stehen keinerlei richterliche Befugnisse zu. Ein Abgeordneter zu den Folgen: „Man kann also davon ausgehen, daß vor unserem Ausschuß noch mehr gelogen wird als vor Gericht.“ Patrik Schwarz