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Gezeter um Gesetzestreue im Tiergarten

■ Getreu dem neuen Grünanlagengesetz hat das Bezirksamt Tiergarten jetzt das Grillen im Großen Tiergarten auf einer eigens dafür ausgewiesenen Fläche erlaubt. Die CDU schäumt: „Provokation“

Schon allein beim Gedanken an die sommerlichen Grillgelage kommt dem Fraktionsvorsitzenden der CDU Tiergarten, Kurt Lauke, die Galle hoch: „Der Gestank ist unerträglich.“ Der Speditionskaufmann hatte deshalb erleichert zur Kenntnis genommen, daß das Abgeordnetenhaus Ende vergangenen Jahres mit den Stimmen von CDU und SPD ein Grillverbot in Parks beschlossen hatte. Als er gestern erfuhr, daß das Bezirksamt Tiergarten vergangenen Dienstag eine Fläche im Großen Tiergarten zum Grillen ausgewiesen hat, fiel Lauke fast die Kaffeetasse aus der Hand. „Das wird ein Nachspiel haben. So sicher wie das Amen in der Kirche“, kündigte er für kommenden Donnerstag eine heiße BVV-Sitzung an.

Die Drohung läßt den Tiergartener Baustadtrat Horst Porath (SPD) kalt. Er verweist auf das neue Grünanlagengesetz. Demnach ist das Grillen in den Parks zwar verboten, die Bezirke werden aber ermächtigt, Grillflächen „in angemessenem Umfang auszuweisen“. Der Bezirk habe nichts anderes getan, als den nördlichen Teil des Tiergartens zwischen Straße des 17. Juni, Spreeweg und John- Foster-Dulles-Allee als Grillplatz zu tolerieren. Auf dem vis-à-vis vom Schloß Bellevue gelegenen Rasen wird seit Jahr und Tag ohnehin ab dem ersten warmen Sonnenstrahl gegrillt. Der übrige, weitaus größere Teil des Tiergartens ist weiterhin für Feuerstellen tabu. Durch die Legalisierung der Grillfläche könne der restliche Park besser geschützt werden, ist Porath überzeugt. Er fordert die übrigen Innenstadtbezirke eindringlich auf, in ihren Parks gleichfalls Grillfächen auszuweisen. „Nur so kann auf Dauer eine Übernutzung des Tiergartens mit Grillern verhindert werden“.

Kurt Lauke schwant Schlimmes. „Die Erlaubnis ist ein regelrechter Aufruf zum Grillen im Tiergarten“, schimpft der CDUler, der an einem einzigen Samstag im Sommer 4.000 Menschen beim Brutzeln gezählt haben will. „In Zukunft kommen auch noch die gesetzestreuen Bürger dazu. Dann sind es doppelt so viele.“ Weil SPD und Grüne im Bezirk die Mehrheit haben, setzt Lauke darauf, daß der Senat die Erlaubnis wieder rückgängig macht. Der persönliche Referent von Umweltsenator Strieder (SPD), Philipp Mühlberg, lehnte dies jedoch ab. Poraths Beschluß sei „vollkommen in Ordnung“. Der innenpolitische Sprecher der CDU wetterte: „Das ist ist eine Provokation und Trotzreaktion von Tiergarten und entspricht weder Geist noch Inhalt des Gesetzestextes.“ Bei solchen Sprüchen kann sich Porath nur noch an den Kopf fassen: „Das Gesetz hat die CDU doch mitbeschlossen.“ Plutonia Plarre

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