Hardthöhe verschenkt Laster an SS-„Kameradenwerk“

■ Verteidigungsministerium hat 1996 zwei Lastwagen an das „Kameradenwerk Korps Steiner“ alter SS-Kämpfer verschenkt. Bundeswehr spricht von „humanitärer Hilfe“

Bonn (taz) – Die kostenlose Überlassung von Bundeswehrmaterial an die Organisation des vorbestraften Rechtsterroristen Manfred Roeder war kein Einzelfall. Einer Nachfolgeorganisation der nationalsozialistischen Waffen-SS sind Informationen des ARD-Magazins „Panorama“ zufolge zwei Lastwagen aus Bundeswehrbeständen geschenkt worden. Die Lieferung wurde mit „humanitärer Hilfe“ begründet. Empfänger war das „Kameradenwerk Korps Steiner“, in dem ehemalige SS-Freiwillige den General der Waffen-SS, Felix Steiner, verehren.

Dieses Mal ist die Hardthöhe von den Informationen nicht völlig überrascht worden – die Unterlagen liegen im Ministerium vor. Sie sind als Anhang dem hauseigenen Bericht über die Roeder-Affäre beigefügt. Nachdem dieser Skandal für Schlagzeilen gesorgt hatte, überprüfte das Materialamt des Heeres alle Vorgänge im Zusammenhang mit humanitärer Hilfe seit 1993. Am 22. Dezember letzten Jahres teilte die Dienststelle dann dem Ministerium mit, es seien zwei „Unterstützungen entdeckt“ worden, „deren Hintergrund möglicherweise prüfenswert ist“. Dabei handelt es sich zum einen um das besagte „Kameradenwerk Korps Steiner“, zum anderen um die Organisation „Aufbau Bernsteinland Ostpreußen“. Sie bittet darum, „den Menschen im Ordensland Preußen eine Chance zum Neuanfang“ zu geben, und verspricht: „Die Rußlanddeutschen werden es danken!“

Das „Kameradenwerk“ hat sich im März 1997 „herzlich“ beim Materialamt des Heeres für die überlassenen „Hilfsgüter“ bedankt – mit einem Briefkopf, auf dem auch das Zeichen der berüchtigten SS-Panzergrenadierdivision „Wiking“ abgebildet ist. Wie „Panorama“ berichtet, verherrlicht die aktive Vereinigung ehemaliger Nationalsozialisten in ihren Publikationen bis heute den Zweiten Weltkrieg. So heiße es darin unter anderem: „Amerika hat einen Sieg der deutschen Waffen vereitelt und Osteuropa der roten Knechtschaft überantwortet.“

Die Organisation begründete ihre Bitte um Materialüberlassung mit „humanitärer Hilfe“. Die beiden Lastwagen wurden nach Estland geschickt – ein Land, in dem ehemalige Angehörige der SS bis heute selbstbewußt „Traditionspflege“ üben.

Die Hardthöhe hat den „Panorama“- Bericht im wesentlichen bestätigt. In einer Pressemitteilung weist das Ministerium darauf hin, daß die Fakten schon am Dienstag dem Verteidigungsausschuß des Bundestages zugeleitet worden seien. „Von einem Skandal kann keine Rede sein. Vielmehr müssen alle Vorgänge vernünftig aufgeklärt werden.“

Um Aufklärung bemüht sich derzeit auch die Staatsanwaltschaft Oldenburg. Sie ermittelt im Zusammenhang mit rechtsradikalen Vorfällen in Bundeswehrkasernen gegen sechs Angehörige der Streitkräfte. Ihnen werden Volksverhetzung und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in der Vareler Frieslandkaserne zur Last gelegt. Diese Kaserne war in die Schlagzeilen geraten, als ehemalige Rekruten von „alltäglichem Rassismus und einem Klima der Angst“ gesprochen hatten. Als erster hatte sich Christian Krause, Sohn des Ex-Verkehrsministers Günter Krause, zu Wort gemeldet. Dessen Vorwürfe waren später vom Verteidigungsministerium in seinem Bericht als „haltlos“ zurückgewiesen worden. Bettina Gaus