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Bruder Nr.1 gestorben

■ Pol Pot, Führer der Roten Khmer, soll in der Nacht zum Donnerstag einem Herzversagen erlegen sein

Bangkok (taz) – Pol Pot, der berüchtigte Führer der Roten Khmer, ist offenbar tot. Er starb in der Nacht zu Donnerstag in einem Dorf an der kambodschanisch-thailändischen Grenze an Herzversagen. Das gaben Vertreter der kambodschanischen Guerillaorganisation gestern bekannt. Da der 73jährige, unter dessen Terrorregime in den siebziger Jahren mehr als eine Million Menschen umkamen, in der Vergangenheit bereits mehrfach für tot erklärt worden war, bestanden gestern zunächst erhebliche Zweifel an dieser Darstellung. Die Roten Khmer führten daraufhin zwei ausländische Journalisten in eine Hütte in einem kambodschanischen Dorf zwei Kilometer vor der Grenze. Die beiden bestätigten, daß es sich bei dem weißhaarigen Toten ihrer Ansicht nach um Pol Pot handelte. Er soll innerhalb der nächsten drei Tage eingeäschert werden.

Erst am Tag zuvor hatten die Überbleibsel der Guerillatruppe, die in einem verminten Dschungelstreifen in den Dangrek-Bergen gegen die Regierungstruppen kämpfen, angeboten, Pol Pot an ein internationales Tribunal zu übergeben. Im Gegenzug forderten sie, den Regierungschef Hun Sen ebenfalls anzuklagen – oder Geld.

Nach blutigen Machtkämpfen hatte der Militärchef der Roten Khmer, Ta Mok, den ehemaligen „Bruder Nr. 1“ 1997 unter „Hausarrest“ gestellt. In den letzten Monaten liefen Tausende Soldaten auf die Seite der Regierung über.

Die Roten Khmer hatten seit ihrer Vertreibung aus Phnom Penh 1979 einen Guerillakrieg gegen Phnom Penh geführt. Nach dem Tode Pol Pots ist ungeklärt, was mit seinen langjährigen Weggefährten geschehen wird. Ta Mok, der wegen seiner Grausamkeit den Beinamen „der Schlächter“ erhielt, Ex-Staatspräsident Khieu Samphan und andere Mitglieder der Führungsspitze der Roten Khmer kämpfen im Dschungel um ihr Überleben. Andere, wie der ehemalige Außenminister Ieng Sary, sind längst zur Regierung übergewechselt und können nun unbehelligt in guten Positionen leben. Jutta Lietsch

Tagesthema Seite 3, Kommentar Seite 12

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